CeGat GmbH
Spezifischer Corona-Antikörpertest für alle
Habe ich vielleicht schon eine Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus durchgemacht? Diese Frage stellen sich derzeit viele von uns. Zuverlässige Tests, um dies zu klären, gab es lange Zeit nicht. Nun bietet die Tübinger Biotechfirma CeGaT einen Corona-Antikörpertest für jedermann an, der dies mit der höchsten derzeit möglichen Wahrscheinlichkeit beantwortet. Der Zuspruch zum Angebot war in den ersten Wochen schon enorm.
Vieles am Coronavirus SARS-CoV-2 ist neu und stellt einige unserer bisherigen Vorstellungen von Virusinfektionen auf den Kopf. Beispielsweise kann man bereits ansteckend sein, lange bevor man sich selbst krank fühlt – wenn überhaupt, denn viele Menschen haben die Erkrankung bereits durchgemacht, ohne überhaupt Symptome gespürt zu haben. Dabei wäre es nicht nur für den Einzelnen, sondern auch aus epidemiologischer Sicht durchaus von Bedeutung, die tatsächliche Zahl der Infizierten zu kennen. Denn wie vermutet wird, könnte die Anzahl an tatsächlichen Infektionen deutlich höher ausfallen als die Zahl der gemeldeten.
Ob man bereits infiziert war, kann nur ein Antikörpertest klären. Hierbei wird in einer Blutprobe untersucht, ob Antikörper – sogenannte Immunglobuline (Ig) – in ausreichender Menge gegen das neuartige Coronavirus gebildet wurden. Ist der Test positiv, so kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, bereits infiziert gewesen zu sein; man ist dann höchstwahrscheinlich immun gegen den Erreger, zumindest für einige Zeit.
Zuverlässige Tests auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 sind jedoch noch nicht lange verfügbar. Im Gegensatz zu den schon länger erhältlichen Schnelltests, die ähnlich funktionieren wie ein Schwangerschaftstest, sind die Labortests deutlich spezifischer. Dies ist von großer Bedeutung, um positive Reaktionen auf andere Coronaviren auszuschließen.
Corona-Antikörper werden per ELISA nachgewiesen
Zu den Anbietern von Labortests auf Corona-Antikörper gehört seit Kurzem auch das Biotechunternehmen CeGaT GmbH in Tübingen, traditionell eigentlich Anbieter von Genomanalysen. „Die Idee, auch einen solchen Test anzubieten, ist aus persönlicher Betroffenheit heraus entstanden“, berichtet Dr. Stefan Griesbach, Teamleiter für Vertrieb und Marketing. „Unsere Geschäftsleitung, das Ehepaar Biskup, wurde schon sehr früh positiv auf das Virus getestet. Beide hatten aber glücklicherweise nur leichte Symptome und machten sich daraufhin an die Entwicklung eines Hochdurchsatz-Testsystems, mit dessen Hilfe sich eine überstandene Infektion nachweisen lässt.“
Der eigentliche Antikörper-Nachweis des Testsystems stammt von der Firma EUROIMMUN Medizinische Labordiagnostika AG aus Lübeck, einem Unternehmen, das auf die Herstellung von diagnostischen Tests spezialisiert ist und nun auch einen sogenannten Anti-SARS-CoV-2 ELISA entwickelt hat. Das Nachweisverfahren basiert auf der schon lange in der Labordiagnostik etablierten ELISA-Methode (ELISA = Enzyme-linked Immunosorbent Assay), bei der im Fall des Corona-Antikörpertests Blutplasma zu virusspezifischen Partikeln – den Antigenen – gegeben wird. Sind Antikörper im Blut vorhanden - was nur bei Personen, die bereits eine Erkrankung durchgemacht haben, gegeben ist - werden diese so genannten IgGs (Immunglobuline der Klasse G) vom virusspezifischen Antigen erkannt, gebunden und können durch anschließende Waschschritte nicht wieder entfernt werden. Mit einem zweiten Antikörper, der sich gegen humane IgGs richtet, und der mit einem Enzym gekoppelt ist, wird ein Lichtsignal – und damit ein Zeichen für den positiven Test – ausgelöst.
Spezifität steht in diesem Fall an oberster Stelle
„Bei dem Testprinzip an sich handelt es sich um überhaupt nichts Neues“, erklärt Griesbach. „Die Innovation dabei ist das Antigen – die SARS-CoV-2-S1-Rezeptorbindungsdomäne (RBD). Bei ihr handelt es sich um einen Bereich innerhalb des Proteins, in welchem sich SARS-CoV-2 stark von anderen Coronaviren unterscheidet. Hinzu kommen bei unserem System selbstverständlich auch noch Positiv- und Negativkontrollen. Denn selten gibt es auch Proben, die in einen Grenzbereich zwischen positiv und negativ fallen. Bei solchen Fragestellungen zeigt aber die bisherige Erfahrung, dass man die Untersuchung am besten nach einigen Wochen wiederholt. Antikörper sind bei einer Corona-Erkrankung erst nach zwei bis drei Wochen nachweisbar, und dann wird das Ergebnis normalerweise auch sehr deutlich positiv.“
Ausgerichtet wurde der Antikörpertest der CeGaT in erster Linie auf Spezifität und dann erst auf Sensitivität. „Das ist für unser Labor eher ungewöhnlich“, sagt der Biologe. „Normalerweise sind unsere Tests zunächst auf eine möglichst hohe Sensitivität getrimmt – also darauf, falsch negative Ergebnisse auszuschließen – die Spezifität – also den Ausschluss falsch positiver Resultate – wird dann per Handarbeit etabliert. Aber im Fall des Coronavirus steht die Spezifität an erster Stelle, denn falsch positive Ergebnisse können eine fatale Wirkung haben, wenn sie die Getesteten in falscher Sicherheit wiegen würden.“
Dass Spezifität bei dem Test so besonders wichtig ist, liegt daran, dass SARS-CoV-2 nicht das einzige Coronavirus ist, das bei uns kursiert. Es gibt noch viele andere Varianten der Erregerfamilie, die sehr verbreitet sind und in der Regel nur für harmlose Erkältungen verantwortlich sind. „Um SARS-CoV-2 von den anderen zu unterscheiden, ist unser Test gegen eine besondere Struktur gerichtet, die das neuartige Coronavirus am deutlichsten von den anderen unterscheidet, die so genannte S1-Domäne des Spike-Proteins auf der Virushülle“, berichtet der Experte. „Allerdings ist der Test – wie auch alle anderen Antikörpertests derzeit – nicht akkreditiert wie das sonst bei uns im Labor üblich ist, sondern hat lediglich eine CE-Kennzeichnung sowie eine EUA (Emergency Use Authorization) der FDA (Food and Drug Administration). Das geht aber im Moment auch nicht anders, sobald aber Ringversuche möglich sind, werden wir diese sofort durchführen.“
Tests sollten in großer Zahl verfügbar und preiswert sein
Entwickelt und geprüft wurde der Test aus Tübingen mit Archivseren von Blutspendern, die aus einer Zeit lange vor dem erstmaligen Auftreten von COVID-19 stammten. „Dabei ergab sich eine Spezifität von 99,6 Prozent, das heißt, nur sehr wenige Proben wurden falsch positiv getestet“, meint Griesbach. „Wie wir wissen, gab es unter den Kontrollproben auch welche von Patienten, die Infektionen mit anderen humanpathogenen Coronaviren hatten, und diese wurden alle ausnahmslos negativ getestet. Allerdings ist es generell so in der Medizin, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt. Wer so etwas verspricht, kann nicht recht haben.“
Für das Tübinger Labor für Antikörpertests im Hochdurchsatz, das in den letzten Wochen aufgebaut wurde, war besonders die Logistik ein bedeutender Punkt, denn es sollten unbedingt in großer Zahl verfügbare Tests angeboten werden, die zudem auch noch möglichst preisgünstig sind – also wirklich Tests für jedermann. „Es war uns wichtig, möglichst vielen den Zugang zu ermöglichen“, so Griesbach. „Beispielsweise gibt es auch genügend Menschen, die im März und April aus Mangel an Testkapazitäten nicht getestet und abgewiesen wurden, obwohl sie Symptome hatten. Da ist es einfach wichtig zu wissen, ob sie infiziert waren.“
Vor-Ort-Services sollen noch weiter ausgebaut werden
Um sich testen zu lassen, kann man sich entweder direkt auf dem CeGaT-Firmengelände in Tübingen ohne Terminvereinbarung wochentags Blut abnehmen lassen, oder man fordert im Onlinesystem der Biotechfirma ein Teströhrchen an, lässt sich beim Hausarzt Blut abnehmen und schickt die Probe ins CeGaT-Labor zurück. Den Befund bekommt man dann nur einige Tage später mit der Rechnung per Post zugeschickt. Zudem wurden gemeinsam mit Kooperationspartnern Blutabnahmestationen in Stuttgart, Bitterfeld, Dachau und Frankfurt am Main eingerichtet.
Manchmal erreichen derzeit täglich mehrere Tausend Proben das CeGaT-Labor. „Wir haben eine riesige Resonanz auf unser Angebot“, sagt der Teamleiter. „Alleine in den ersten Tagen haben die Menschen teilweise eine Stunde im Regen darauf gewartet, dass sie sich testen lassen konnten, das will schon etwas heißen. Stand Mitte Juni haben wir mittlerweile über 23.000 Leute getestet. Zudem bieten wir Firmen mit einer gewissen Anzahl an Mitarbeitern auch einen Vor-Ort-Service an, das heißt, wir kommen mit einem mobilen Team vorbei. Dieses Angebot wollen wir in nächster Zeit auch noch weiter ausbauen, sind hierfür im Gespräch, etwa mit Betriebsärzten oder Landräten.“