Projekt Health Data Futures
Ein Netzwerk des Vertrauens schaffen
In dem trinationalen Projekt „Health Data Futures“ haben Stakeholder und Expertinnen und Experten aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz patientenzentrierte Innovationen auf den Weg gebracht. Durch Einsatz von verschiedenen Zukunftsszenarien könnten es bald noch mehr werden.
Wie können wir eine zielgerichtete Nutzung Gesundheitsdaten vorantreiben? Diese und weitere Fragen waren der Antrieb des trinationalen Projektes „Health Data Futures“, welches der Healthcare Innovation Hub DayOne im Jahr 2020 gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus Deutschland und Frankreich startete (siehe auch Experteninterview: „Health Data Scenarios – Viele Möglichkeiten für die Zukunft?"). Nach nun drei Jahren ist das Projekt abgeschlossen. Und das grenzüberschreitende Multi-Stakeholder-Netzwerk kann eine Antwort auf diese Frage und weitere Ideen liefern.
„Wir hatten das Hauptziel, das Gesundheitsökosystem der drei verschiedenen Länder zusammenzubringen und die Zusammenarbeit im Bereich der Innovationen zu verstärken. Um die Aktivitäten auf die Richtung mit dem höchsten Potenzial zu fokussieren, haben wir uns für das Szenario-Modell entschieden“, erklärt Yana Yoncheva, Projektmanagerin bei DayOne, die Ziele des Vorhabens.
Im ersten Schritt wurden vier mögliche Zukunftsszenarien entwickelt, die von verschiedenen Expertinnen und Experten bewertet wurden (siehe Abbildung unten).
Was sind optimale Bedingungen für Innovation?
In einer weiteren Analyse betrachteten verschiedene Stakeholder die Szenarien sowohl aus der Sicht der Patientinnen und Patienten als auch mit dem Blick auf bestmögliche Innovationsbedingungen. „Innovation erfolgt immer am effizientesten, wenn sie moderiert und orchestriert wird. Deswegen war dieses Projekt auch so wichtig, weil wir über 100 Stakeholder in diesen drei Jahren für Gespräche zusammengebracht haben“, sagt Yoncheva, die Internationale Wissenschaft studiert hat.
Im Jahr 2021 stieß die BIOPRO Baden-Württemberg als Projektpartner hinzu, um baden-württembergische Expertinnen und Experten in das Projekt zu integrieren und die Sichtbarkeit des Projekts zu erhöhen. „Die Gesundheitsversorgung der Zukunft wird patientenzentriert, wertorientiert und nachhaltig sein: Die Digitalisierung und eine verantwortungsvolle Künstliche Intelligenz haben das Potenzial, die Gesundheitsversorgung neu auszurichten, damit sie vorausschauender, präventiver und präziser wird. Der Zugang zu gut strukturierten und qualitativ hochwertigen Gesundheitsdaten ist eine Voraussetzung dafür. Sie sollte auf transparenten und gleichzeitig sicheren Prozessen beruhen und so Gesundheit und Wohlbefinden für Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen in einem Gesundheitssystem gewährleisten, das auf Vertrauen aufbaut", sagt Dr. Barbara Jonischkeit, Leiterin strategische Kommunikation und Innovation bei BIOPRO.
Das Projekt wurde auf baden-württembergischer Seite außerdem von der bwcon GmbH, Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG, dem Pfizer Healthcare Hub Freiburg und dem Universitätsklinikum Freiburg unterstützt.
Gemeinsam mit DayOne wurden dabei unter anderem in einer sogenannten Gap-Analyse die Hauptherausforderungen für Innovationen identifiziert: „Die größten technischen Probleme liegen in der Interoperabilität sowie den Eigentumsrechten der Daten“, erklärt Yoncheva den Sachverhalt. Am wichtigsten bei so vielen Menschen aus drei verschiedenen Ländern sei es zudem, Vertrauen aufzubauen. Weitere Hürden stellten die geschlossenen und fragmentierten Gesundheitssysteme der Länder dar. Lösen lasse sich dies nur über einen dauerhaften Dialog zwischen den verschiedenen Parteien. Trotz dieser technischen Probleme werden nach Ansicht der Expertinnen und Experten im Projekt „Health Data Futures" die Verbraucherinnen und Verbraucher das Gesundheitssystem erheblich verändern. Und auch nach Abschluss des Projektes werden die Szenarien interessierten Forschenden und Unternehmen zur Verfügung gestellt.
Rolle der Patientinnen und Patienten
„Die Patientinnen und Patienten haben im Gesundheitswesen idealerweise die Hauptrolle. Ich bin sehr froh, dass die Entwicklung in den letzten Jahren durch die allgemeine Stimmung und durch unsere Hilfe in Richtung von patientenzentrierten Innovationen geht. Viele Start-ups beginnen ihre Innovation bei einem Patientenproblem, und wie sie dieses lösen können. Das ist sehr wichtig bei chronischen Erkrankungen, aber auch besonders mit dem Blick auf Daten Seltener Erkrankungen, da dort die Datenmenge deutlich geringer ist als bei den verbreiteten Erkrankungen im Gesundheitssystem“, so Yoncheva. Hier sei es wichtig, die Patientinnen und Patienten so früh wie möglich bei der Entwicklung von Lösungen mit ins Boot zu holen.
KI als Treiber der Innovation
Eine zunehmend wichtige Rolle bei Gesundheitsinnovationen spielt auch die Künstliche Intelligenz (KI): „KI gehört fast in allen Innovationsbereichen im Gesundheitswesen dazu. Wir sehen KI hierbei als eine Unterstützung, nicht als Ersatz für menschliche Innovation. Der Hauptfokus des Projektes lag bei den Gesundheitsdaten, und KI kann ohne gute Daten nicht existieren. Deswegen war es uns auch immer wichtig, diese Verbindung zwischen der Implementierung von Künstlicher Intelligenz und der richtigen Nutzung der Daten sowie dem Besitz der Daten im Kopf zu behalten“, verdeutlich die Innovationsexpertin die Herangehensweise. Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass KI bei der klinischen Entscheidungsunterstützung und der Fernüberwachung der Patientinnen und Patienten eine große Rolle spielen wird. Voraussetzung für ihren Einsatz sind ethische Grundsätze, wie der Fokus auf das menschliche Wohlergehen und eine hohe Transparenz.
Mit den Patientinnen und Patienten ein Team bilden
Im Mai 2023 fanden sich die Partner noch einmal bei einem DayOne Health Hack zusammen. „Der Gedanke dahinter war, dass die Patientinnen und Patienten als Ideengeber agieren und von Entwicklenden unterstützt werden. In diesem Jahr waren sogar vier Ärztinnen und Ärzte aus der Schweiz und Deutschland auf dem Health Hack vertreten. Sie haben mit den Patientinnen und Patienten in den Teams zu den verschiedenen Herausforderungen zusammengearbeitet“, berichtet Yoncheva.
Im Rahmen des zehntägigen Health Hacks haben Teams aus Patientinnen und Patienten und Industrie Projekte entwickelt, die verschiedene Herausforderungen, wie z. B. Zugang und Interoperabilität der Gesundheitsinformationen, Datensicherheit, Einführung digitaler Hilfsmittel sowie Einbeziehung und Befähigung von Patientinnen und Patienten lösen können. Dafür standen den Teams zahlreiche Expertinnen und Experten zum Beispiel zu den Themen wirtschaftliche Entwicklung und Regularien zu Verfügung. Die ersten drei Projekte haben eine Einladung zur Teilnahme am Innovation Booster Digital Health Nation, angetrieben von Innosuisse, erhalten - der erste Schritt, um eine Förderung im Rahmen der Förderinitiative DigiHealth in der Schweiz zu erhalten. „Es ging darum, dass die Gewinner nicht nur die Ideen haben, sondern jetzt auch direkt versuchen können, ihre Ideen umzusetzen“, verdeutlicht Yoncheva das Vorgehen.
Ziel erreicht
Im Rahmen von „Health Data Futures" ist es gelungen, viele verschiedene Stakeholder aus verschiedenen Gesundheitssystemen zusammenzubringen. Über die drei Jahre der Zusammenarbeit ist das Vertrauen zwischen Partnern und Beteiligten gewachsen, sodass zum Ende der Projektlaufzeit verschiedene auf Patientinnen und Patienten fokussierte Ideen vorlagen. Trotz der vielen guten Ideen dauert die Entwicklung eines innovativen Produkts im Healthcare-Bereich sehr lang. Daher ist es schwierig einzuschätzen, ob die aktuellen Ideen, die aus dem Health Hack hervorgegangen sind, wirklich erfolgreich sein werden. Yoncheva fasst abschließend zusammen: „Wir unterstützen die Projekte weiter. Und der Haupterfolg ist, dass wir es geschafft haben, viele Expertinnen und Experten sowie Stakeholder für so eine wichtige Arbeit zusammenzubringen. Diese Vernetzung kann auch ohne aktive Unterstützung weiterlaufen. Damit ist unser Hauptziel der Kollaboration erreicht.“