PixelBiotech GmbH
Mit Cytogenetik und KI auf Spurensuche
Das Start-up PixelBiotech kombiniert Fluoreszenztechniken mit Künstlicher Intelligenz, um DNA und RNA in medizinischen Proben aufzuspüren. HuluFISH heißt die Methode, die unzählige Anwendungsmöglichkeiten zulässt – angefangen vom Nachweis von Virusinfektionen wie COVID-19 oder der Afrikanischen Schweinegrippe bis hin zur Qualitätskontrolle gen- und immuntherapeutischer Verfahren in der Krebsmedizin.
„Es ist wie die Sterne am Himmel zählen.“ Wenn Yongsheng Cheng über die Technologie spricht, die hinter seinem Unternehmen steht, gerät er ins Schwärmen. Yongsheng ist CEO der 2018 gegründeten PixelBiotech GmbH. Nach seinem Studium der Biologie in Peking, China, war er 2009 zur Doktorarbeit an das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) nach Heidelberg gekommen. Schon während dieser Zeit beschäftigte er sich mit der so genannten FISH-Technologie, einer Methode zum Nachweis von DNA- oder RNA-Abschnitten in medizinischem Probenmaterial. Auch in seinem Start-up PixelBiotech, das er 2018 aus dem DKFZ heraus am Technologiepark Heidelberg gründete, dreht sich alles um die FISH-Technologie, mit deren Hilfe man Viren, Bakterien, tierischer oder menschlicher Zellen anhand ihres „genetischen Fingerabdrucks“ auf die Spur kommt.
Die Abkürzung FISH steht für Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. In diesem cyzogenetischen („cyto“ ist das lateinische Wort für Zelle) Verfahren wird zunächst mit Hilfe von DNA- bzw. RNA-Sequenzierungsmethoden ein Genabschnitt festgelegt, der für die gesuchte Zell- oder Virenart charakteristisch ist und sie entlarvt. Gegen diese Sequenz wird eine so genannte Sonde entwickelt. Das ist ein kleiner DNA-Schnipsel, der so aufgebaut ist, dass er zu dem gesuchten Genabschnitt passt wie ein Puzzleteil zum anderen. Die Sonde ist mit Fluoreszenzfarbstoffen (Fluorophoren) markiert. Sie bringen das Probenmaterial in einem Analysegerät nach Anregung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge zum Leuchten, wenn der gesuchte Genabschnitt vorhanden ist. Auf diese Weise lassen sich alle möglichen Träger genetischer Information identifizieren – ob Viren, Bakterien oder beispielsweise auch Krebszellen.
Verschiedene Farbcodes können simultan analysiert werden
Die FISH-Technologie selbst ist nicht neu – es gibt sie bereits seit den 1960er Jahren. Neu ist allerdings die Anwendung, die PixelBiotech daraus entwickelt hat. Das Prinzip: Verschiedene Sonden werden mit unterschiedlichen Fluorophoren kombiniert eingesetzt und erzeugen je nach Farbmarker und Kombination ein Leuchtsignal einer bestimmten Farbe. So lässt sich die Analyse „multiplexen“, das heißt in einem einzigen Durchgang können simultan mehrere Suchvorgänge durchgeführt werden. Es entsteht ein bunt leuchtendes Bild mit unterschiedlichen Farbpunkten, das – wie Yongsheng sagt – einem funkelnden Sternenhimmel gleicht. Da es unmöglich ist, die einzelnen Bildpunkte (Pixel) mit dem bloßen Auge zu erfassen und auszuzählen, übernimmt diese Aufgabe eine KI-Anwendung (KI: Künstliche Intelligenz).
Einzigartige Kombination aus molekularbiologischen Techniken und KI
Es ist die einzigartige Kombination aus molekularbiologischem Methoden und KI, die die Innovation von PixelBiotech ausmacht. Diese Kombination spiegelt sich auch in der Aufstellung des Gründerteams wider: Während Yongsheng Cheng das molekularbiologische Fachwissen in das Start-up einbringt, ist der in San Francisco lebende Physiker und Computerwissenschaftler Xing-Hua Lou der KI-Experte. Inzwischen ist PixelBiotech auf acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen. Das Team hat im letzten Jahr neue Räume in Heidelberg Wieblingen bezogen, wo es an der Weiterentwicklung der Analysemethode und ihrer Applikationen arbeitet.
Die einfache, schnelle und kosteneffiziente Technik lässt schier unzählige Anwendungsmöglichkeiten zu: Zusammen mit einigen Kooperationspartnern hat PixelBiotech auf der Basis von HuluFISH beispielsweise eine Methode entwickelt, um den Erreger der Afrikanischen Schweinepest nachzuweisen. Die Tierseuche wird durch einen Virus verursacht. Sie kostete chinesische Landwirte allein im Jahr 2018 mehrere Millionen Dollar und wurde im letzten Jahr erstmals auch bei Wildschweinen in Deutschland nachgewiesen.
Auch in der klinischen Qualitätskontrolle kommt die Hulu-FISH-Methode zum Einsatz, zum Beispiel, um die Genexpression in menschlichen CAR-T-Zellen bei der bei der Suche nach geeigneten zellbasierten Immunotherapeutika gegen Krebs zu kontrollieren. CAR-T steht für „chimäre Antigenrezeptor-T-Zellen“, das sind gentechnisch derart veränderte Immunzellen, die das Immunsystem als fremd erkennt und bekämpft.
Die Kaffeemaschine unter der FISH-Analysesystemen
Neben Testkits und Analyseservices umfasst das Portfolio von PixelBiotech das Analysegerät und die zugehörige KI-basierte Software, mit der die Fluoreszenzdaten ausgewertet werden können. „Der Testkit mit der markierte DNA-Sonde kann in das Lesegerät eingeschoben werden wie ein Kaffeepad in eine Kaffeemaschine“, erklärt Yongsheng. „Unser Ziel ist es, diese universelle, kostengünstige und flexibel einsetzbare Lösung auf dem Markt zu etablieren.“
Auf ihrem Weg zu diesem Ziel haben Yongsheng und seine Kolleginnen und Kollegen schon große Schritte zurückgelegt. Starthilfe gab ihnen unter anderem der Life-Science-Accelerator Baden-Württemberg, über den PixelBiotech im letzten Jahr eine Start-up BW Preseed-Förderung für erhilt (siehe auch unser Beitrag "Starthilfe für Life-Sciences-Unternehmen"): „Innerhalb des Life-Science-Accelerators haben wir die Möglichkeit, unsere Technologien für erschwingliche und präzise molekulare Analysen auf der Basis von Einzelmolekül-RNA in einem sicheren Rahmen zielgerichtet weiterzuentwickeln“, so Yongsheng. „Das macht es uns möglich, präzise, universelle, erschwingliche und zugängliche Genexpressionsanalysen anzubieten.“)
Internationales Projekt zur SARS-CoV-2-Diagnostik
Als einziges europäisches Unternehmen wurde PixelBiotech Anfang 2021 auch für eine Initiative des National Institutes of Health (NIH) zugelassen, die neue diagnostische Möglichkeiten zur SARS-CoV-2-Bekämpfung voranbringen will. Die erste Entwicklungsphase in diesem Projekt ist bereits erfolgreich abgeschlossen, nun folgt die Validierung der Methode. „Mit der HuluFISH-Technik“, so erklärt Yongsheng, „hat man eine Alternative zur Diagnostik von COVID-19, die 40-mal billiger und 20-mal schneller ist als das bekannte PCR-Verfahren.“
Hinweis:
Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag geschrieben von Dr. Elke Matuschek für den Technologiepark Heidelberg.
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Autorin und des Technologieparks Heidelberg.