Prime Vector Technologies GmbH
Mit einem Impfstoffbaukasten gegen COVID-19
Mit ihrem Impfstoffbaukasten-System entwickelt das Start-up-Unternehmen Prime Vector Technologies GmbH (PVT) aus Tübingen Impfstoffe (Vakzine) gegen Krebs und Infektionserkrankungen. Gerade arbeitet das Team der PVT mit Hochdruck an der Herstellung eines COVID-19-Impfstoffes.
Ende März entschloss sich die Prime Vector Technologies GmbH (PVT), einen Impfstoff gegen COVID-19 zu entwickeln. Dann überschlugen sich die Ereignisse: Bewerbungsschreiben an den Projektträger Jülich, Konzeptanfrage durch das Ministerium, Einreichung der Projektbeschreibung, Prüfung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – nur wenige Tage später lag die Zusage über die Bewilligung von 1,33 Millionen Euro vor und das Vorhaben konnte beginnen.
PVT wurde im Oktober 2019 in Tübingen gegründet. Das Unternehmen entwickelt in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Immunologie des Universitätsklinikums Tübingen Impfstoffe gegen Infektionserkrankungen und Krebserkrankungen. Was das Konzept von dem der zahlreichen Mitbewerber im Rennen um einen COVID-19-Impfstoff unterscheidet, ist das zugrundeliegende Baukastensystem. Damit können Vakzine auf der Basis eines speziellen viralen Vektors, dem Parapoxvirus Ovis, auch Orf-Virus (ORFV) genannt, individuell kombiniert werden.
Dr. Ralf Amann, CEO des Unternehmens und Gruppenleiter in der Abteilung Immunologie des Universitätsklinikums Tübingen, erklärt. „Das Orf-Virus hat den Vorteil, dass es ein großes eigenes Genom besitzt, in dem man die genetischen Informationen von mehreren Antigenen gleichzeitig unterbringen kann. Für die Nutzung als Impfvektor wurde es attenuiert, also abgeschwächt, und kann deshalb bedenkenlos als Shuttle für den geplanten Impfstoff eingesetzt werden.“
Das Anwendungsgebiet für ORFV-Impfvektoren ist breit und umfasst prophylaktische und therapeutische Impfstoffe sowohl für Menschen als auch für den Veterinärbereich.
Derzeit beschäftigt sich PVT mit der Entwicklung von therapeutischen Krebsimpfstoffen – und nun also auch mit einem COVID-19-Impfstoff.
Ein COVID-19-Impfstoff – zusammengestellt nach dem Baukasten-Prinzip
Genau wie bei anderen Projekten nutzt das PVT-Team auch für die Entwicklung des COVID-19-Impfstoffes eine spezielle Plattformtechnologie zur Zusammenstellung verschiedener Impfstoff-Elemente:
- Zunächst werden die COVID-19-Antigene identifiziert, deren genetische Information in den Vektor eingebracht werden soll. Dabei stützen sich die Wissenschaftler von PVT auf aktuelle Daten aus der wissenschaftlichen Literatur.
- Nun werden die DNA-Fragmente, die die ausgewählten Coronavirus-Antigene kodieren, in ausreichender Menge hergestellt (synthetisiert).
- Neben Antigen-kodierenden Elementen werden weitere ko-stimulierende Bausteine in den Vektor integriert. Dies können beispielsweise Zytokine sein, die die Immunantwort des Geimpften erhöhen.
- Der so zusammengestellte Impfstoff stimuliert nach Verimpfung die antigenpräsentierenden Zellen (APC) des Immunsystems. Diese exprimieren die codierten Elemente (Antigene und ko-stimulatorische Moleküle). Dies führt zur Präsentation der Antigene des Coronavirus auf ihrer Oberfläche. Gleichzeitig wird das Immunsystem aktiviert.
- Dadurch kommt es zu einer Antigen-spezifischen Induktion von T-Zellen und B-Zellen sowie zur Aktivierung von NK Zellen (natürliche Killerzellen) im Immunsystem des Geimpften. Aktivierte B-Zellen bilden schließlich Antikörper gegen die eingesetzten Antigene und initiiert damit die humorale Immunantwort.
„Das Besondere an dieser Technologie ist die starke Immunantwort, die wir durch die Kombination mehrerer verschiedener Antigene sowie weiterer immunstimulierender Elemente in unserem polyvalenten Impfstoff hervorrufen können – und zwar sowohl auf der Ebene der zellulären als auch der humoralen Immunantwort*“, erklärt die wissenschaftliche Leiterin der PVT, Melanie Müller. „Das Verfahren ruft stärkere Immunantworten hervor als Verfahren, die auf Totimpfstoffen beruhen – und auch als RNA-, MVA- (Modified Vaccinia Virus Ankara) oder VSV- (Vesicular Stomatitis Virus) basierte Impfstoffe. Das konnten wir in extern durchgeführten Benchmark-Immunisierungsstudien zeigen.“
Kooperationspartner für die klinische Entwicklung gesucht
Dank des speziellen Selektionssystems, das der Plattformtechnologie von PVT zugrunde liegt, ist diese Entwicklungsphase relativ schnell. Im Schnitt liegt bereits nach circa vier Wochen Arbeit ein erster Prototyp für einen Impfstoff vor. Auch für den Prototyp des COVID-19-Impfstoffes geht das Team der PVT von einem entsprechenden Entwicklungszeitraum aus. Dann folgen präklinische Studien im Tiermodell, zunächst in der Maus, in späteren Phasen auch in Primaten.
Erst wenn auch diese Prüfungen alle positiv verlaufen sind, was insgesamt etwa sechs Monate dauert, kann der Impfstoff in klinischen Studien am Menschen getestet werden. Für diese Phase sucht PVT aktuell Kooperationspartner. „Unser Unternehmen ist auf die präklinische Entwicklung von viralen Impfstoffen spezialisiert“, sagt Dr. Ferdinand Salomon. „Damit wir die klinische Phase wie geplant durchführen können, sind wir auf Partner angewiesen.“
Investoren oder Unternehmen, die Interesse an einer Kooperation haben, werden gebeten, sich an die auf der rechten Seite angegebene Adresse zu wenden.