Mit Mikrofluidik neue therapeutische Antikörper aufspüren – das ist, vereinfacht gesagt, das Konzept der Velabs Therapeutics GmbH. Das Heidelberger Start-up wurde 2017 mit Unterstützung der EMBLEM Technology Transfer GmbH aus dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg ausgegründet. Erst kürzlich stellten Investoren dem jungen Unternehmen weitere Fördergelder für den Ausbau seiner Technologien und Anwendungen zur Verfügung.
Velabs Herzstück ist ein auf Mikrofluidik basierendes Screening-System zum Messen von Antigen-Antikörper-Reaktionen. Ein miniaturisiertes Flüssigtestverfahren also, das jeden Assay in ein eigenes Tröpfchen verpackt. Und noch etwas unterscheidet das neuartige Verfahren von herkömmlichen Testsystemen zur Antigen-Antikörper-Messung: Das Mikrofluid-System von Velabs misst nicht die Stärke der Bindung, sondern die Funktionalität des gesuchten Antikörpers.
Bevor die Funktionalität der Antikörper gemessen werden kann, müssen diese gewonnen werden. Das geschieht, indem ein Versuchstier mit dem Zielmolekül, dem spezifischen Antigen, immunisiert wird. Danach wird die Milz des Tieres entnommen und die Antikörper-produzierenden B-Zellen werden für das weitere Screening isoliert. Auch immunisierungsfreie Verfahren sind möglich. Dazu können beispielsweise Antikörper aus bereits existierenden Bibliotheken (Phagen, Hefe- oder Hybridomzellen) verwendet werden.
Auf diese Weise können auch kleinste Mengen des Ausgangsmaterials zuverlässig analysiert werden – und das in enormer Geschwindigkeit. „Mehrere hundert Tests pro Sekunde können wir mit unserer Mikrofluidik-basierten Hochdurchsatz-Screening-Technologie in Echtzeit durchführen und sparen dabei immens viel Zeit“, so Antz. „Wir nutzen sie vor allem, um nach Antikörpern gegen spezialisierte Membranrezeptoren wie G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs) oder Ionenkanälen – beide wichtige Regulatoren der Zell-zu-Zell-Kommunikation – zu suchen. Mehr als 50 Prozent aller Medikamente weltweit sind auf diesen beiden Molekülklassen aufgebaut. Aber auch andere Zielstrukturen sind denkbar.“
Velabs ist dabei, mithilfe des Mikrofluidik-Verfahrens eine umfangreiche eigene Antikörpersammlung mit vielversprechende Wirkstoffkandidaten für unterschiedliche therapeutische Anwendungen aufzubauen. Die meisten davon sind „Orphan GPCRs“, das sind GPCRs mit einem unbekannten Liganden und unbekannter physiologischer Funktion. „Über diese Klasse weiß man bisher nur wenig. Vieles spricht jedoch dafür, dass sie eine entscheidende Funktion bei der Entwicklung bestimmter Erkrankungen haben“, sagt Antz.
Auch Lizenzpartnerschaften mit Pharma- und Life-Science-Unternehmen bietet Velabs an. Ein Beispiel dafür ist die Anfang September 2019 verkündete Zusammenarbeit mit der Firma alytas therapeutics GmbH aus Jena. Gemeinsam sucht man nach funktionalen Antikörpern für eine immunbasierte Therapie gegen Adipositas (Fettleibigkeit).
Erst im Juni 2019 hat der derzeit aktive Investor von Velabs, das Züricher Unternehmen Xlife Sciences, drei Millionen Euro zum Ausbau der eigenen Antikörper-Pipeline und Screening-Plattform zur Verfügung gestellt und damit eine weitere Finanzierungsphase eingeläutet. Auch an Mitarbeitern stockt Velabs auf – von derzeit acht auf zwölf Mitarbeiter bis Anfang 2020. „Velabs befindet sich auf Wachstumskurs“, so Antz. „Das Zeitalter der funktionalen Biologika fängt ja gerade erst richtig an. Funktionale Antikörper werden das Feld der modernen Therapeutik nachhaltig verändern. Und gerade bei der Behandlung chronischer Erkrankungen zeigen therapeutische Antikörper meist ein besseres Wirkungsspektrum als Standardverfahren, bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen.“