Die Gesundheitsindustrie ist eine wichtige Kernbranche in Baden-Württemberg. Doch die neuen, verschärften Regularien der EU setzen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen massiv unter Druck. So haben die Hersteller von Medizintechnik- und Diagnostikprodukten zukünftig mit drastisch erhöhten Anforderungen an den Nachweis der klinischen Evidenz zu kämpfen, sowohl bei der Einführung neuer Produkte als auch bei der Rezertifizierung von Bestandsprodukten. Eine der größten Hürden besteht derzeit im mangelnden Zugang zu geeigneten Patientenproben und zu Explantaten, also aus dem Körper entnommenen Implantaten. Diese sind essenziell, um auch in Zukunft die Sicherheit und Leistung von Medizin- und Diagnostikprodukten gemäß den EU-Regularien nachweisen zu können.
Förderprojekt stärkt Innovationskraft der Gesundheitsindustrie Baden-Württemberg
Damit auch weiterhin innovative Gesundheitsprodukte in Baden-Württemberg entwickelt werden und lebenswichtige Medizinprodukte am Markt verfügbar bleiben, wurde jetzt das Förderprojekt „ProbenMaterialCenterBW“ ins Leben gerufen. Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg mit rund 1,3 Millionen Euro geförderte Projekt hat eine Laufzeit von 21 Monaten. In diesem Zeitraum wollen die beiden Konsortialpartner, das NMI, Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen, und das Gesundheitsnetzwerk BioLAGO e.V., gemeinsam ein Kompetenznetz zur besseren Verfügbarkeit von klinischen Proben und entnommenen Implantaten für die Gesundheitsindustrie aufbauen.
„Das Förderprojekt ProbenMaterialCenterBW unterstützt aktiv die Unternehmen der Gesundheitsindustrie in Baden-Württemberg und leistet dadurch einen wichtigen Beitrag zur Innovationskraft unseres Landes. Durch das Projekt können lebenswichtige Produkte aus Medizintechnik und Diagnostik auch weiterhin in Baden-Württemberg gemäß den neuen Regularien der EU hergestellt werden. Dies stärkt die Patientensicherheit und trägt zu einer stabilen Gesundheitsversorgung im Land bei“, erklärt Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg.
Neues Kompetenznetz kommt Kliniken, Herstellern und Patienten zugute
Das Potential für geeignete Proben und Explantate in den landesweit über 200 Kliniken ist enorm. Häufig besteht in den Kliniken die Bereitschaft, Probenmaterial und entnommene Implantate an Forschung und Entwicklung weiterzugeben. Jedoch fehlt den Herstellern bis jetzt meist ein systematischer Zugang zu geeignetem Probenmaterial. Zudem sind die Zugangswege zu den Kliniken bisher wenig transparent. Hier setzt das Projekt „ProbenMaterialCenterBW“ an, indem eine professionelle und kosteneffiziente, systematische Infrastruktur zur Probenabgabe an die Gesundheitsindustrie geschaffen wird. Dabei wird Kliniken auch eine neue Einnahmequelle eröffnet.
„Ziel des Projekts ProbenMaterialCenterBW ist es, eine flächendeckende Datenbank mit Detailinformationen zu verfügbaren Proben und Explantaten aufzubauen“, erklärt Gruppenleiter Dr. Xin Xiong, der das Förderprojekt von Seiten des NMI betreut. „Dabei werden wir darauf achten, dass beim Aufbau der Datenbank alle regulatorischen und datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden“, ergänzt BioLAGO-Vorstand Dr. Jürgen Ruff, der gemeinsam mit dem BioLAGO-Vorstandsvorsitzenden Prof. Martin Elmlinger das Projekt fachlich und inhaltlich begleitet.
„Mit dem ProbenMaterialCenterBW wird erstmals ein marktübergreifender Zugang zu relevanten Klinikproben und Explantaten eröffnet. Damit übernimmt Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle in der Gesundheitsindustrie. Weiter erlaubt der verbesserte Zugang zu Proben, dass Hersteller in Zukunft Medizintechnik- und Diagnostikprodukte schneller auf den Markt bringen können. So kann ein Wettbewerbsvorteil des Gesundheitsstandorts Baden-Württemberg im globalen Markt sichergestellt werden. Darüber hinaus entsteht ein Kompetenznetz entlang der gesamten Wertschöpfungskette und damit neue, stabile Kooperationen, die schlussendlich den Patienten und Patientinnen zugutekommen“, fasst Prof. Martin Elmlinger die Vorteile des neuen Förderprojekts zusammen.