2020 weniger Krebsneuerkrankungen in Baden-Württemberg
Fachleute erwarten bereits seit längerem, dass sich der COVID-19 bedingte Lockdown 2020 auf die Anzahl der neu diagnostizierten Krebserkrankungen auswirken wird. Das epidemiologische Krebsregister Baden-Württemberg kann nun mit Zahlen aufwarten: Über das gesamte Jahr 2020 hinweg blieben die Zahl der Neuerkrankung sieben Prozent unter dem Durchschnitt der beiden Vorjahre. Besonders auffällig war der Einbruch an Krebsdiagnosen in den Monaten März bis Mai 2020.
Bereits zu Beginn der COVID-19-Pandemie Anfang des Jahres 2020 hatten Experten vor Verzögerungen in der Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen gewarnt. Als Ursachen dafür wurden zum einen die Überlastung der Kliniken und anderer medizinischer Einrichtungen genannt. Zum anderen war schon früh abzusehen, dass viele Menschen aus Sorge vor einer Ansteckung die Früherkennungsuntersuchungen meiden.
Bundesweite Krebsregister-Daten aus dem Zeitraum der Pandemie liegen noch nicht vor. Doch das epidemiologische Krebsregister Baden-Württemberg hat nun erste Zahlen zur Entwicklung der Krebsneuerkrankungen im Jahr 2020 vorgelegt. Das Team um Volker Arndt verglich die Zahlen der neudiagnostizierten Krebsfälle im Jahr 2020 mit den Krebsneuerkrankungen der Jahre 2018 und 2019.
Über alle Quartale des Jahres 2020 hinweg lag die Anzahl der Krebsneuerkrankungen um sieben Prozent unter der aus den Vorjahren zu erwartenden Zahl. Am stärksten ausgeprägt war der Einbruch über die Monate März bis Mai, im April wurde fast ein Drittel weniger Krebsfälle diagnostiziert als im Vorjahreszeitraum. Dieses Muster fand sich bei Frauen wie bei Männern, bei Krebs gesamt sowie auch bei drei der vier häufigsten Krebsarten (Brust-, Darm- und Prostatakrebs). Allein die Zahlen bei Lungenkrebs gingen nicht zurück. Der Einbruch bei den Krebsdiagnosen wurde auch in den folgenden Quartalen des Jahres 2020 nicht kompensiert.
„Für 2021 liegen uns die Zahlen noch nicht vollständig vor, so dass wir noch keine Aussagen darüber treffen können, wie sich der lange Lockdown in der ersten Jahreshälfte 2021 auswirken wird. Insgesamt müssen wir aber davon ausgehen, dass die 2020 nicht diagnostizierten Krebserkrankungen in den Folgejahren eine höhere Inzidenz zur Folge haben und mehr Krebserkrankungen in einem späteren, schlechter heilbaren Stadium entdeckt werden", sagt Volker Arndt, Leiter des epidemiologischen Krebsregisters Baden-Württemberg.