Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IGB verbindet, ist ihre Faszination für Innovationen und deren Anwendung in der praktischen Realität. Dabei spielen Grenzflächen immer eine wichtige Rolle. An der Übergangsschicht zwischen zwei Phasen oder Stoffen − und auch bei der Interaktion zwischen Menschen − eröffnet sich ein enormes Potenzial für die Biotechnologie, die Chemie und die Physik. Es entstehen Materialien mit neue Eigenschaften sowie sehr viel Kreativität und Inspiration: Grenzflächen sind der Ort, an dem das Neue geschieht – hier entwickeln sich Innovationen.
Diese Leidenschaft für Grenzflächen teilt das Fraunhofer IGB mit seinen zahlreichen Wegbegleitern und Partnern aus Forschung, Industrie, Gesellschaft und Politik aus 70 Jahren Institutsgeschichte. Der Institutsleitung ist es daher wichtig, das runde Jubiläum zusammen mit denjenigen Menschen zu begehen, die maßgeblich zum Erfolg des Instituts beigetragen haben. Um bei dieser Gelegenheit auch den fachlichen Austausch zu fördern und einen gemeinsamen Blick in die Zukunft zu werfen, lud das IGB zu einem Fachsymposium am Institutshauptsitz in Stuttgart ein.
»Das IGB adressiert mit seinen Geschäftsfeldern Gesundheit, Umwelt und Klimaschutz, sowie Nachhaltige Chemie und Umwelt die großen Herausforderungen unserer Zeit«, so Dr. Markus Wolperdinger, Institutsleiter des Fraunhofer IGB. »Mit unserer angewandten Forschung entwickeln wir innovative und nachhaltige Technologien und Verfahren zum Wohl der Menschen und der Umwelt. Gemeinsam mit unseren Partnern tragen wir mit anwendungsrelevanten Lösungen dazu bei, eine auch in der Zukunft lebenswerte Welt zu erhalten.«
Jubiläumssymposium »70 Jahre IGB«: Fachlicher Austausch und Ausblick in die Zukunft
Zum Auftakt des Symposiums betonte Prof. Dr. Alexander Kurz, Fraunhofer-Vorstand für Innovation, Transfer und Verwertung, in seinem Grußwort an die Anwesenden: »Mit dieser Jubiläumsveranstaltung feiern wir 70 Jahre Pionierarbeit und Innovation in den Bereichen Biotechnologie und Bioverfahrenstechnik. Das IGB hat sich der Entwicklung von Verfahren, Technologien und Produkten verschrieben, die bedeutende Herausforderungen unserer Gesellschaft adressieren, wie der zunehmende Ressourcenverbrauch und die Notwendigkeit eines nachhaltigen, ressourceneffizienten Wirtschaftens. Eine große Stärke des Instituts liegt darin, nicht nur bahnbrechende Forschungsergebnisse zu erzielen, sondern auch die Fähigkeit zu besitzen, diese Ergebnisse bis hin zur Marktreife zu bringen. Das IGB ist dabei ein wichtiger Partner für die ansässige Industrie in der Region und diese enge Verbindung zur Industrie ermöglicht es, innovative Lösungen zu entwickeln, die direkt auf dem Markt anwendbar sind.«
In ihrem Impulsvortrag hob Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg, die exzellente Zusammenarbeit zwischen dem Land und dem IGB hervor. »Das IGB leistet mit seiner Forschung einen wesentlichen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Nachhaltigkeit und zu einer guten Gesundheitsversorgung. Wie kaum ein anderes Institut versteht es das IGB, aus der Natur zu lernen und biologische Ressourcen zu nutzen, um damit zu nachhaltigen Lösungen zu gelangen, die Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen Vorteile bringen. Das IGB kann nun schon auf eine 70-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken und angesichts der Themen, die das Institut mit großem Erfolg bearbeitet, habe ich keine Zweifel, dass diese Geschichte auch in Zukunft weitergeschrieben wird«, sagte die Wirtschaftsministerin in Stuttgart.
Im Rahmen der Veranstaltung konnte die Ministerin zudem eine erfreuliche Neuigkeit verkünden: Die Landesregierung wird den Aufbau einer neuen Außenstelle des IGB in der Region Oberschwaben/Biberach/Ulm unterstützen, wo die Forschung und Entwicklung des IGB für Virus-basierte Therapien ausgebaut werden sollen.
In den Beiträgen von IGB-Partnern aus Wirtschaft und den baden-württembergischen Ministerien für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz standen die Fokusthemen »Gesundheit« und »Umwelt, Klima und Ressourceneffizienz« im Mittelpunkt. Nach Führungen durch das Institut wurde der fachliche Austausch schließlich im Rahmen einer Podiumsdiskussion intensiviert. Dabei debattierten die Gastgeber mit Fraunhofer-Vorstand Prof. Dr. Kurz und Repräsentanten aus Industrie und der baden-württembergischen Landespolitik – Staatssekretärin Sabine Kurtz vom Landwirtschaftsministerium und Staatssekretär Dr. Andre Baumann vom Umweltministerium − über das Thema »Nexus Ressourcen – Energie – Umwelt: Beiträge der Fraunhofer-Gesellschaft im Kontext der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie«.
Staatsekretär Baumann betonte dabei die wichtige Rolle des IGB im Bereich der Bioökonomie: »Die beste Wirtschaft für Umwelt, Gesellschaft und Wohlstand begreift Müll nicht als Ausschuss, sondern als Rohstoff. Das Institut analysiert, wo Bioabfälle, sonstige Abfälle und Reststoffe, Abwässer, Abgase und CO2 anfallen, die sich mit biologischen Prozessen und Prinzipien in Industrie, Gewerbe und im kommunalen Bereich nutzen lassen. Das Fraunhofer IGB ist damit wichtiger Innovationstreiber einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.«
Dies bekräftigt auch Staatssekretärin Kurtz: »Die Bioökonomie bietet Lösungsansätze für die großen, aktuellen Herausforderungen der Gesellschaft wie Klimawandel, Ressourceneffizienz oder Ernährungssicherung. Mit den Maßnahmen der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie schaffen wir Voraussetzungen dafür, dass das Land wirksame Impulse für mehr Klima- und Ressourcenschutz setzt. Wir stellen somit die Land- und Forstwirtschaft sowie die regionale Wirtschaft zukunftsfähig auf.«
Die Historie des Fraunhofer IGB: Vom Privat-Laboratorium zum Fraunhofer-Institut
1953 wurde das Institut – damals noch als »Institut für Physik und Chemie der Grenzflächen« − in der Pfalz als private Forschungseinrichtung gegründet. Kaum ein Jahrzehnt später, 1962, erfolgte die Übernahme durch die Fraunhofer-Gesellschaft und 1969 der Umzug nach Stuttgart. 1976 erhielt es seinen heutigen Namen. In den 70 Jahren seines Bestehens setzte das IGB immer wieder innovative wissenschaftliche Impulse und fokussierte dabei auch immer wieder vorausschauend auf wichtige Zukunftsthemen – etwa in den Bereichen Umweltbioprozesstechnik, industrielle Biotechnologie oder zuletzt CO2- und Klimatechnologien.
Besonders hervorzuheben sind die Gründungen der zwei Institutsteile, dem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP am traditionsreichen Chemiestandort Leuna in Sachsen-Anhalt sowie dem Institutsteil Bio-, Elektro- und Chemokatalyse BioCat im niederbayerischen Straubing, dem Geburtsort des Namenspatrons Joseph von Fraunhofer.
Das Institut heute: »Wir verbinden Biologie und Technik«
Heute hat das Institut mehr als 330 Mitarbeitende an seinen drei Standorten. Die Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer IGB zielen auf die drei Geschäftsfelder Gesundheit, Nachhaltige Chemie sowie Umwelt und Klimaschutz ab. Gemäß seinem Motto »Wir verbinden Biologie und Technik für einen gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt« setzt das Institut dabei auf die Kombination biologischer und verfahrenstechnischer Kompetenzen, um mit dem Systemansatz der Bioökonomie und bioinspirierten, biointegrierten und biointelligenten Lösungen zum Wohlergehen des Menschen, einer nachhaltigen Wirtschaft und einer intakten Umwelt beizutragen.
Sowohl regional als auch national und international ist das Fraunhofer IGB heute weitreichend vernetzt – durch zahlreiche Projekte innerhalb Deutschlands, im europäischen Raum und international. Beispiele sind die »Fraunhofer Innovations Plattformen« in Israel und Südafrika, in welchen die grenzübergreifende Zusammenarbeit bei zukunftsrelevanten Themen in den Geschäftsfeldern Umwelt und Gesundheit vorangetrieben wird.
»Mit dem IGB verbindet mich eine lange, konstruktive Zusammenarbeit. Daher freut es mich besonders, die Geschicke des Instituts, seine Entwicklung und die Weichenstellungen für die Zukunft gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart, Leuna und Straubing als Institutsleiter aktiv gestalten zu können«, so Institutsleiter Dr. Wolperdinger.