Atriva Therapeutics kann dank Fördermitteln COVID-19-Medikament schneller entwickeln
Das biopharmazeutische Unternehmen Atriva Therapeutics GmbH, ein Vorreiter bei der Entwicklung von Therapien zur Behandlung von viralen Infektionen, hat sich Fördermittel des Bundes gesichert. Das 2015 gegründete Unternehmen gab heute bekannt, dass es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Forschungsförderung erhält. Atriva wird die zugesagten Mittel nutzen, um sein Therapeutikum ATR-002 weiter möglichst schnell zur Marktreife zu entwickeln. „Wir freuen uns über die damit verbundene Anerkennung unserer Arbeit durch das Expertengremium um Prof. Dr. Ciesek und Dr. Spinner“, sagte Atriva-CEO Dr. Rainer Lichtenberger. Die Förderung ist Teil eines BMBF-Programms (Förderung von Forschung und Entwicklung dringend benötigter Therapeutika gegen SARS-CoV-2) im Volumen von € 50 Millionen für insgesamt acht ausgewählte deutsche Unternehmen.
„Die späte klinische Entwicklungsphase und insbesondere Phase III-Zulassungsstudien, sowie die Vorbereitung der Herstellung des Medikaments sind sehr teuer und für kleine Biotech-Unternehmen schwer zu finanzieren“, erklärte Atriva-CEO Dr. Rainer Lichtenberger. „Gerade in dieser weltweiten Notsituation ist eine breite öffentliche Förderinitiative von allergrößter Bedeutung und kann die Entwicklung entscheidend beschleunigen, wie die SARS-CoV-2-Impfstoffe eindrucksvoll gezeigt haben.“
Derzeit wird das Therapeutikum in einer Phase II-Studie namens „RESPIRE“ klinisch weiterentwickelt. Es wird nun an COVID-19-Patienten mit moderatem bis schwerem Krankheitsverlauf geprüft, die im Krankenhaus behandelt werden, aber noch keine Beatmung bzw. intensivmedizinische Behandlung benötigen. Die RESPIRE-Studie soll die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikamentenkandidaten bei 220 Erwachsenen untersuchen, Mitte April war der erste Patient behandelt worden. Eine Phase I-Studie zur Bewertung der Sicherheit und Verträglichkeit wurde bereits erfolgreich abgeschlossen.
Im Kampf gegen die Pandemie sind nicht nur Impfstoffe gefragt, sondern auch wirksame und sichere Medikamente, um Patienten in verschiedenen Stadien der COVID-19-Erkrankung zu behandeln. „Wir glauben, dass ATR-002 hier großes Potenzial hat, weil es nicht nur die Vermehrung des Virus hemmen, sondern auch das Überschießen der Immunreaktion verhindern kann“, sagte Lichtenberger. „Dadurch werden häufig schwere Krankheitsverläufe hervorgerufen.“ ATR-002 wirkt in der Wirtszelle und wird aufgrund des Wirkmechanismus seine Aktivität auch gegen Virusmutationen wie B.117, B.1.315 und P.1 behalten.
Sollte die derzeit laufende klinische Studie zu guten Ergebnissen und möglicherweise zu einer bedingten Zulassung durch die Behörden führen, kann Atriva das Medikament dank der neuen Fördermittel dem Patienten früher zur Verfügung stellen.
Über die Wirkungsweise von ATR-002
Der Wirkstoffkandidat ATR-002 – das am weitesten fortgeschrittene Produkt von Atriva – befindet sich in klinischer Entwicklung und wurde spezifisch für die Behandlung von Infektionskrankheiten der Atemwege entwickelt, die durch RNA-Viren verursacht werden, wie z.B. Influenza oder COVID-19. ATR-002 ist ein MEK-Inhibitor, der gegen den intrazellulären Raf/MEK/ERK-Signalweg gerichtet ist. Dieser Signalweg ist entscheidend für die Replikation vieler RNA-Viren, zu denen Influenzaviren, Hantaviren oder RS-Viren (respiratory syncytial virus) ebenso gehören wie SARS-CoV-2, das COVID-19 verursacht. Bei Influenzavirus-infizierten Zellen unterbindet ATR-002 über die Inhibition von MEK (MAPK/ERK-Kinase) den Export der viralen Genom-Proteinkomplexe (Ribonukleoproteine, RNPs) vom Zellkern ins Zytoplasma und verhindert so die Bildung neuer funktionaler Viruspartikel. Dadurch wird die Viruslast im Körper reduziert. Daneben hat ATR-002 das Potenzial, das Immunsystem zu modulieren und kann eine überschießende Entzündungsreaktion durch Zytokine, wie sie oft bei schweren Verläufen solcher Virusinfektionen auftritt, hemmen. Bei Patienten, die schwer an Influenza oder COVID-19 erkrankt sind, kann ATR-002 die Genexpression einiger der beteiligten Zytokine, wie TNF-α, IL-1ß, IP-10, IL-8, MCP-1 and MIP-1a, verringern und so die überaktive Immunantwort in der Lunge dieser Patienten abmildern.