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Bedeutung von Clustern der Metabolischen Dysfunktion-assoziierten Steatotischen Lebererkrankung für die Präzisionsmedizin

Weltweit leiden mehr als 30 % der erwachsenen Bevölkerung an einer Metabolischen Dysfunktion-assoziierten Steatotischen Lebererkrankung (MASLD). Menschen mit MASLD und noch mehr mit Metabolischer Dysfunktion-assoziierter Steatohepatitis (MASH) und MASLD-assoziierter Leberfibrose können eine Zirrhose und ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln und haben ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Nierenerkrankungen und extrahepatische Krebserkrankungen. Die MASLD ist jedoch in Bezug auf die Pathophysiologie und die klinischen Ergebnisse eine heterogene Erkrankung. In einem News & Views-Artikel in Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology erörtern Norbert Stefan und Giovanni Targher neue Erkenntnisse über diese Heterogenität der MASLD und darüber, wie künftige Forschungsarbeiten unter Anwendung von Ansätzen zur Reduzierung der Datenkomplexizität für die Umsetzung der Präzisionsmedizin bei MASLD von Nutzen sein könnten.

Es ist allgemein bekannt, dass ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und ein genetisches Risiko die MASLD begünstigen. Allerdings gibt es große Unterschiede in der Pathophysiologie der MASLD und ihren klinischen Folgen. Professor Norbert Stefan von der Universität Tübingen, Helmholtz Munich und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) betont: „Diese Variabilität in der Pathophysiologie der MASLD scheint besonders wichtig für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes zu sein. Auf dem Gebiet der Erforschung kardiometabolischer Erkrankungen haben sich Ansätze zur Reduktion der Datenkomplexizität auf der Grundlage von Cluster-Strategien unter Verwendung von Anthropometrie, Stoffwechselparametern und Genetik als vielversprechend für die künftige Umsetzung der Präzisionsmedizin in der klinischen Praxis bei Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes erwiesen. Neue Erkenntnisse aus zwei Studien, die kürzlich in Nature Medicine veröffentlicht wurden, legen nun nahe, dass solche Cluster-Ansätze auch für die MASLD von Bedeutung sein könnten.“

Unter den sechs von Raverdy et al. identifizierten Clustern wiesen die Personen in den Clustern 2 und 5 im Vergleich zu den Personen in den anderen Clustern eine hohe Prävalenz von MASH und fortgeschrittener Fibrose (F≥3) auf, die durch Leberbiopsieproben diagnostiziert wurde. Das kardiometabolische Cluster (Cluster 2) und das leberspezifische Cluster (Cluster 5) wiesen ein ähnlich hohes Risiko für chronische Lebererkrankungen auf, wie das Kontrollcluster, das die Cluster 1, 3, 4 und 6 umfasst. Wichtig ist, dass das leberspezifische Cluster mit den genetischen MASLD-Risikovarianten angereichert war, die mit einem erhöhten Fortschreiten der Lebererkrankung zu MASH, Zirrhose und hepatozellulärem Karzinom verbunden sind. Interessanterweise hatten Personen, die dem leberspezifischen Cluster zugeordnet wurden, trotz des raschen Fortschreitens der chronischen Lebererkrankung ein relativ geringes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Personen, die dem kardiometabolischen Cluster zugeordnet wurden, hatten eine ähnlich hohe Inzidenz chronischer Lebererkrankungen, aber ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes.

Jamialahmadi et al., die sich in ihrer Studie speziell auf die genetische Information bei MASLD konzentrierten, stellten übereinstimmend fest, dass Personen, die dem leberspezifischen oder so-genannten diskordanten (d.h. hoher Leberfettgehalt, aber relativ niedrige zirkulierende Triglyceride) MASLD-Phänotyp zugeordnet wurden, eine aggressive Lebererkrankung, aber ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen. Der andere, ein systemischer oder so genannter konkordanter MASLD-Phänotyp, war ebenfalls mit einem ähnlich erhöhten Risiko für aggressive Lebererkrankungen, aber einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes verbunden. Diesbezüglich betont Professor Giovanni Targher von der Forschungseinheit für Stoffwechselkrankheiten, IRCCS Sacro Cuore - Don Calabria Hospital, Negrar di Valpolicella, und der Medizinischen Fakultät der Universität Verona, Italien: “Da die Haupttodesursache bei Menschen mit MASLD kardiovaskuläre Erkrankungen sind, sind die Ergebnisse dieser beiden Studien von großer Bedeutung, da sie dazu beitragen können, das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bei Menschen mit MASLD besser zu stratifizieren.“

Die Autoren des News & Views-Artikels glauben, dass das Wissen über diese MASLD-Risikocluster in Zukunft eine personalisierte Risikoprognose und eine individualisierte Behandlung der MASLD ermöglichen wird. Darüber hinaus könnten Forschende in der Lage sein, gezielte Programme zur Änderung des Lebensstils und Medikamente für die jeweiligen Subtypen auf der Grundlage der verschiedenen Aspekte dieser Krankheit zu entwickeln.

Publikationen:
Raverdy V. et al. Data-driven cluster analysis identifies distinct types of metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease. Nat. Med. 30, 3624–3633 (2024)

Jamialahmadi O et al. Partitioned polygenic risk scores identify distinct types of metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease. Nat. Med. 30, 3614–3623 (2024).

Stefan N, Targher G. Clusters of metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease for precision medicine. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. doi.org/10.1038/s41575-025-01048-w (2025)

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/bedeutung-von-clustern-der-metabolischen-dysfunktion-assoziierten-steatotischen-lebererkrankung-fuer-die-praezisionsmedizin