COPD und Kortison: Mit Gewebeproben zum Therapie-Erfolg
Forschende des Universitätsklinikums Freiburg haben einen neuen Ansatz entwickelt, um den Behandlungserfolg von Patient*innen mit Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mittels inhaliertem Kortison vorherzusagen. Die Studie mit dem Titel «HISTORIC» wurde Mitte September auf dem Jahreskongress der European Respiratory Society in Mailand mit über 20.000 Teilnehmenden vorgestellt. Die medizinischen Fachzeitschriften New England Journal of Medicine und European Respiratory Journal, bezeichneten die Studie zudem als eine der vier bedeutendsten Publikationen des Jahres 2023 im Bereich der Lungenmedizin.
„Die Resultate dieser Studie markieren eine neue Ära in der individualisierten Behandlung von COPD. Wir können jetzt auf Grundlage der Gewebeprobe präziser entscheiden, welche Therapieform am besten für jede*n Patient*in geeignet ist", sagt Studienleiterin Prof. Dr. Daiana Stolz, Ärztliche Direktorin der Klinik für Pneumologie des Universitätsklinikums Freiburg. COPD gilt weltweit nach koronaren Herzerkrankungen und Schlaganfall als dritthäufigste Todesursache. Schätzungen gehen von knapp drei Millionen Betroffenen in Deutschland aus.
Kortison für COPD-Therapie bislang umstritten
Patient*innen mit Asthma werden üblicherweise mittels inhalierbarem Kortison und bronchienerweiternden Medikamenten behandelt. Im Fall von COPD, einer Erkrankung, die ebenfalls von einer Einengung der Bronchien begleitet wird, erfolgt die Therapie durch bronchienerweiternde Medikamente. Die Frage, welche COPD-Patient*innen genauso wie Asthma-Patient*innen von inhaliertem Kortison profitieren können, ist seit zwei Jahrzehnten ein kontrovers diskutiertes Thema.
„Unsere Ergebnisse bieten für die Klärung dieser Ungewissheit nun einen vielversprechenden Ansatz», sagt Stolz. An der Studie waren 180 COPD-Patient*innen beteiligt, denen mittels einer Lungenspiegelung Gewebeproben aus den Bronchien entnommen wurden. In einem nächsten Schritt wurde der Anteil von glatten Muskelzellen in diesen Proben bestimmt. Ein hoher Anteil von glatten Muskelzellen deutet auf eine Entzündung ähnlich wie beim Asthma hin. Die Patient*innen erhielten ein Jahr lang eine inhalative Therapie, die bronchienerweiternde Medikamente sowie entweder Kortison oder Placebo beinhaltete.
Glatte Muskeln als Anzeichen für Erfolg
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass diejenigen COPD-Patient*innen, bei denen ein hoher Anteil von über 20 Prozent an glatten Muskeln in den Gewebeproben festgestellt wurde, von der inhalativen Kortison-Therapie hinsichtlich Lungenfunktion, Beschwerden und Lebensqualität besonderes profitierten. Die kombinierte Behandlung mit zwei Bronchien erweiternden Arzneimitteln und inhalativem Kortison steht für einen Teil der COPD Patient*innen mit einer Reduktion der Exazerbationen und Hospitalisationen in Verbindung. Die Patient*innen erleben demnach weniger häufig eine starke Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und haben eine geringere Wahrscheinlichkeit in einem Krankenhaus behandelt werden zu müssen. Sogar eine verbesserte Überlebensrate kann erreicht werden. Jedoch hat diese Therapie gleichzeitig potenzielle Nebenwirkungen, wie beispielsweise ein erhöhtes Pneumonie-Risiko. Aus diesem Grund ist es von besonderer Bedeutung, zeitnah zu identifizieren, welche COPD Patient*innen von dieser Therapie profitieren.
„Die vorliegenden Ergebnisse repräsentieren einen bedeutenden Fortschritt in Richtung personalisierter Medizin im Bereich der COPD-Behandlung. Wir sind zuversichtlich, dass diese Erkenntnisse einen positiven Einfluss auf die individuelle Betreuung und Therapie unserer Patient*innen haben werden“, sagt Stolz.