Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind weit verbreitet. Die Behandlungsmöglichkeiten sind bisher jedoch unzureichend.
Ob eine zeitlich begrenzte Ernährung, das sogenannte Intervallfasten, positive Effekte auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen haben kann, testeten die beiden Forschungsteams der Universität Hohenheim an Mäusen. Zur Hälfte nutzte sie dabei Versuchstiere, die gentechnisch so verändert waren, dass sie eine Kolitis entwickelten.
Die Mäuse – mit und ohne Genveränderung – teilten die Forschenden in je zwei Gruppen ein: Die eine Gruppe hatte unbegrenzt Zugang zu Nahrung. Bei der zweiten Gruppe begrenzten sie die Fütterung auf acht Stunden täglich.
Intervallfasten zeigt bei allen Tieren positive Wirkung
Das Intervallfasten wirkte sich bei allen Mäusen positiv auf die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms aus. Bei den Mäusen mit einer experimentell ausgelösten Darmerkrankung zeigte sich eine zusätzliche Verbesserung der Lebensqualität.
„Das Intervallfasten verzögerte den Ausbruch der Kolitis und reduzierte die Entzündungsmarker im Darm“, erklärt Hannah Ruple, Doktorandin am Fachgebiet für Mikrobiom und Angewandte Bioinformatik und Co-Autorin der Studie. „Eine zeitlich begrenzte Nahrungsaufnahme könnte somit eine Möglichkeit sein der Krankheit entgegenzuwirken.“
Störung der inneren Uhr könnte mit Darmerkrankungen einhergehen
Außerdem wollten die Forschenden den Zusammenhang mit der sogenannten inneren Uhr untersuchen. „Viele zelluläre, biochemische und physiologische Funktionen folgen einem 24-Stunden-Rhythmus. Auch die Zusammensetzung der Darmflora ändert sich im Laufe des Tages“, erklärt Eva Haasis, Doktorandin am Fachgebiet Ernährungsmedizin und Prävention und Co-Autorin der Studie.
Die innere Uhr werde über das Gehirn unter Einbindung von Umweltfaktoren wie Licht sowie durch die Ernährung gesteuert. „Mäuse sind normalerweise für zwölf Stunden in der Nacht aktiv. Die Ruhephase findet in den restlichen zwölf Stunden des Tages statt, wenn es hell ist“, erklärt die Doktorandin.
Im Versuch wurde je ein Teil der Tiere – mit und ohne Veranlagung für Kolitis – unter diesen Normalbedingungen gehalten und ein Teil einem veränderten Lichtrhythmus ausgesetzt: „Bei ihnen war es jeweils im Wechsel vier Stunden hell und vier Stunden dunkel“, so Eva Haasis. "Mit diesem Versuchsaufbau konnten wir testen, ob Mäuse, die einem veränderten Lichtrhythmus ausgesetzt waren, schneller Kolitis entwickeln."
Das überraschende Ergebnis: Die Studie lieferte keine eindeutigen Hinweise, dass eine Störung der inneren Uhr das Auftreten von Kolitis fördert.
Intervallfasten konnte die innere Uhr der Mäuse positiv beeinflussen
Die gute Nachricht: Das Intervallfasten zeigte auch hier positive Effekte. „Durch das Intervallfasten konnte die gestörte innere Uhr der Mäuse wieder verbessert werden“, führt Prof. Dr. Lorentz vom Fachgebiet Ernährungsmedizin und Prävention aus.
„Für uns Menschen kann das insofern relevant sein, da unsere innere Uhr oft durch unseren Lebensstil gestört wird – etwa weil wir Schichtarbeit leisten oder spät am Abend noch etwas essen.“
Früherkennung von Darmerkrankungen möglich
Eine weitere Beobachtung könnte helfen, Darmerkrankungen künftig bereits im Frühstadium zu erkennen.
„Bisher lässt sich nicht vorhersagen, was zum Ausbruch einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung führt oder wann diese in Risikopatient:innen auftritt“, sagt Prof. Dr. Fricke, Leiter des Fachgebiets Mikrobiom und Angewandte Bioinformatik. „Wir haben allerdings festgestellt, dass es in Mäusen bereits vor dem Auftreten erster Symptome zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms und Störungen der inneren Uhr kommt, die auf eine bevorstehende Erkrankung hinweisen: Diese Veränderungen im Darm folgten einem Muster, so dass wir vorhersagen konnten, wann sich die ersten Symptome der Erkrankungen zeigen.“
Dieses Ergebnis lasse sich künftig vielleicht auch auf den Menschen übertragen, so Prof. Dr. Fricke: „Wir hoffen, dass sich ein solches Vorhersagemodell künftig auch für den Menschen entwickeln lässt. Vorbeugende Therapiemaßnahmen könnten dann vielleicht schon vor dem Auftreten erster Symptome eingeleitet werden.“