Dauerhaft vernarbt: Chronische Hepatitis C-Infektionen hinterlassen Spuren auf Immunzellen
Freiburger Wissenschaftler weisen in Zusammenarbeit mit Berliner Forscher molekulare Narben in Immunzellen nach einer erfolgreich therapierten Hepatitis-C-Infektion nach.
Rund 70 Millionen Menschen sind weltweit von einer chronischen Infektion mit Hepatitis C betroffen, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Dank hochwirksamer, direkt antiviral wirksamer Substanzen ist die Erkrankung mittlerweile heilbar. Bisher war jedoch unklar, ob sich auch die körpereigene Immunantwort nach erfolgreicher Therapie wieder erholt. Nun konnten Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité zeigen, dass in Killer-T-Zellen Narben zurückbleiben. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Wirkweise der Killer-T-Zellen bei Re-Infektionen mit Hepatitis C sowie weiteren chronischen Erkrankungen. Veröffentlicht wurden die Forschungsergebnisse am Montag, 4. Januar 2021 in der Online-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Immunology.
Nobelpreiswürdiger Therapieansatz zeigt Wirkung
Bei rund 70 Prozent aller Infizierten versagt die virus-spezifische Immunantwort gegen Hepatitis-C-Viren (HCV). So entstehen chronische Infektionen, die neben einer Entzündung der Leber zu schweren Folgeerkrankungen und einer deutlich erhöhten Sterblichkeit führen. „Ein wichtiger Schritt zur Lösung dieses globalen Gesundheitsproblems war die Einführung von hochwirksamen, direkt antiviral wirksamen Substanzen, die erstmals eine Heilung der chronischen HCV-Infektion ermöglichen“, erläutert Prof. Dr. Robert Thimme, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Freiburg. „Die Bedeutung dieser medizinischen Erfolgsgeschichte unterstreicht die Vergabe des diesjährigen Nobelpreises für Medizin an Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice, die mit ihren Arbeiten die Entwicklung der Therapie maßgeblich in die Wege geleitet haben.“
Dauerhafte Schäden trotz erfolgreicher Therapie
Offen blieb die Frage, wie sich eine solche Therapie mit direkt antiviral wirksamen Substanzen, sogenannten direct acting antivirals oder DAA, auf das Immunsystem auswirkt. Erholt sich auch die virus-spezifische Immunantwort nach einer oftmals jahrelangen chronischen HCV-Infektion? Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Freiburg um Thimme und Dr. Maike Hofmann konnten in Zusammenarbeit mit Dr. Naveed Ishaque von der Berliner Charité jetzt zeigen, dass auch nach erfolgreicher Therapie Spuren im Immunsystem zurückbleiben. „In den sogenannten Killer-T-Zellen, die für die direkte Abwehr von virus-infizierten Zellen verantwortlich sind, konnten wir Narben nachweisen. Diese Narben zeigten sich durch ein molekulares Muster, das sich auch schon während der chronischen Hepatitis-C-Infektion zeigte und mit einer geringeren Wirksamkeit der Killer-T-Zellen bei der Virusabwehr einhergeht“, berichtet Hofmann. Sie ist wissenschaftliche Arbeitsgruppenleiterin an der Klinik für Innere Medizin II und wird unter anderem durch das Margarete von Wrangell-Habilitationsprogramm für Frauen des Landes Baden-Württemberg unterstützt.
Auswirkung der Narben bei erneuten Infektionen
„Unsere Erkenntnisse sind insbesondere wichtig für die Behandlung von erneuten Infektionen mit Hepatitis-C-Viren, welche in den Risikogruppen leider nicht selten vorkommen. Als nächstes werden wir daher den Effekt der molekularen Narben während Re-Infektionen mit HCV genauer beleuchten,“ kündigt Thimme an. Auch für das Verständnis weiterer Erkrankungen haben die Erkenntnisse Relevanz: „Die gewonnenen Einblicke ermöglichen uns Rückschlüsse auf die Wirkweise der Killer-T-Zellen bei anderen chronischen Virusinfektionen wie HIV oder Hepatitis B, aber auch bei Tumorerkrankungen“, sagt Hofmann. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die translationale Forschung zur HCV-Infektion im Rahmen des Sonderforschungsbereichs Transregio 179 an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und München.