Es ist Winter, die typische Zeit für Erkältungen. Was wäre, wenn man die voraussichtliche Ausbreitung einer Krankheit simulieren könnte? Am Exzellenzcluster Kollektives Verhalten der Universität Konstanz untersuchten Julia Klein, Doktorandin der Informatik, und KollegInnen, wie man mit Hilfe strikter, regelbasierter Methoden solche kollektiven Szenarien besser einschätzen kann. Die Grundlage hierfür bilden die sogenannten Markov-Ketten, ein spezielles stochastisches Modell, mit dem Populationen über einzelne Zeiträume analysiert werden können. Die Forschenden untersuchten Szenarien, bei denen nur eine begrenzte Stichprobe von Messdaten für die Analyse zur Verfügung steht. Dass nicht alle Daten vorliegen, kommt in der experimentellen Forschung in der Biologie häufig vor. Daher ist Forschung dazu grundlegend relevant.
Die formale Überprüfungsmethode von Julia Klein kann beispielsweise für die Vorhersage der Ausbreitung von Krankheiten verwendet werden. In diesem Fall sind die verfügbaren Messdaten auf Populationsebene nur eine Momentaufnahme der Situation. Wenn man eine Krankheitswelle zu einem bestimmten Zeitpunkt betrachtet, so befindet sich jede Person in einem der drei Stadien: gesund, krank oder genesen. „Sobald diese Informationen vorliegen, können wir die Infektions- und Genesungsraten ableiten und das daraus resultierende Modell verwenden, um zu simulieren, wie sich die Situation über einen längeren Zeitraum für verschiedene Populationsgrößen entwickeln wird“, sagt Klein.
Viele weitere kollektive Phänomene können mit diesem Modell ebenso simuliert werden. Die Forschenden untersuchten damit zum Beispiel das Stechverhalten von Honigbienen. Sie fanden heraus, dass mit zunehmender Größe des Schwarms die Bereitschaft der Bienen zu stechen abnimmt.
Julia Klein und ihre KollegInnen entwickelten die Methode, weil stochastische Populationsmodelle weit verbreitet sind, um Phänomene in verschiedenen Bereichen zu modellieren, z. B. in cyber-physischen Systemen (wie dem Internet), in der chemischen Kinetik (dem zeitlichen Ablauf chemischer Vorgänge) oder im Kollektivverhalten von Tieren. Allerdings gibt es Grenzen, wie Klein sagt: „Die quantitative Analyse von stochastischen Populationsmodellen wird aufgrund der kombinatorischen Anzahl möglicher Zustände der Population schnell zu einer Herausforderung. Ferner ist es zwar einfach, darauf zu schließen, wie verschiedene Teile des Modells miteinander verbunden sind, aber eine direkte Messung der Zahlen, die diese Verbindungen beschreiben, ist schwierig oder manchmal unmöglich. Markov-Ketten sind ein spezifisches stochastisches Modell, mit dem wir Populationen über einzelne Zeiträume analysieren.“
Eine neue, genauere Methode?
Die InformatikerInnen entwarfen insgesamt vier verschiedene Fallstudien und setzen diese um, unter anderem das Modell der Krankheitsausbreitung und das Modell für den sozialen Rückkopplungsmechanismus bei Honigbienenvölkern.
Tatjana Petrov, Professorin für Informatik, sagt: „Wir stellen fest, dass wir mit den vorgeschlagenen Methoden, die eine formale Parametersynthese als Vorberechnungsschritt beinhalten, die Genauigkeit, Präzision und Skalierbarkeit der Schlussfolgerungen erheblich verbessern können. Insbesondere bei nicht identifizierbaren Parametern erfassen wir genau den Unterraum, der dem gewünschten Verlässlichkeitsniveau der Daten entspricht.“