Epigenetisches Medikament bremst aggressive T-Zell-Leukämie
Um Ansatzpunkte für neue zielgerichtete Therapien zu finden, analysierten Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) gemeinsam mit Kollegen vom Institut Necker in Paris das Methylierungsprofil von T-Zell-Leukämien. So konnten sie die Erkrankung in fünf Subgruppen unterteilen. Ein hoch methylierter Subtyp, der schlecht auf die Standard-Behandlung ansprach, ließ sich in Experimenten an Mäusen durch ein epigenetisch wirksames Medikament bremsen.
Die akute lymphoblastische T-Zell-Leukämie (T-ALL) ist eine Form von Blutkrebs, die oft bei Kindern und Jugendlichen auftritt, aber auch Erwachsene betreffen kann. Die Erkrankung kann gut behandelt werden, doch kommt es zum Rückfall, stehen kaum Therapieoptionen zur Verfügung.
Mit dem Ziel, neue Behandlungsansätze gegen die Erkrankung zu identifizieren, analysierten nun Wissenschaftler um Christoph Plass im Deutschen Krebsforschungszentrum gemeinsam mit Kollegen vom Institut Necker in Paris die Tumor-Methylierungsprofile von 143 erwachsenen T-ALL-Patienten. Anhand der DNA-Methylierung des Genoms der leukämischen Zellen ließ sich die T-ALL in fünf verschiedene Subtypen unterteilen. Jede dieser Gruppen ist assoziiert mit spezifischen Mutationen in bestimmten Transkriptionsfaktor-Genen.
Durch integrative Analysen der DNA-Methylierung und Genexpression identifizierten die Forscher in den fünf Gruppen potenzielle gruppenspezifische Onkogene und Tumorsuppressor-Gene. Neben einer aggressiven Untergruppe, die sich durch verringerte Methylierung auszeichnete, entdeckten sie einen Subtyp einer hochmethylierten T-ALL, die schlecht auf die Standard-Behandlung ansprach.
Die Forscher übertrugen diese hochmethylierten Leukämiezellen auf Mäuse und behandelten die Tiere mit dem Medikament 5-Azacytidin. Die Substanz, ein so genanntes synthetisches Nukleosid, wird in die DNA der Leukämiezellen eingebaut und verhindert dort, durch Hemmung der DNA-Methyltransferase, dass Methylgruppen angeheftet werden können. Das Medikament verzögerte die Tumorprogression, die behandelten Tiere lebten signifikant länger als unbehandelte Artgenossen.
„Das Ergebnis ist ein erster präklinischer Hinweis darauf, dass epigenetisch basierte Therapien eine Behandlungsoption bei hoch methylierter T-ALL darstellen könnten", sagt Christoph Plass. „Wenn sich unsere Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnte 5-Azacytidin in Zukunft möglicherweise zumindest einigen der T-ALL-Patienten helfen, die einen Rückfall erlitten haben."
Die T-ALL ist im Erwachsenenalter eine seltene Erkrankung, so dass klinische Studien große klinische Konsortien erfordern. Das Team um Vahid Asnafi vom Institut Necker, ebenfalls Letztautor der aktuellen Publikation, und seinen französischen Kollegen plant nun, solche Studien mit DNA-Methylierungsinhibitoren durchzuführen. Da 5-Azacytidin ein bereits zugelassenes Medikament ist, könnten die Untersuchungen sehr schnell an den Start gehen.