Das ursprünglich vom Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) gemeinsam mit 15 akademischen Partnern, drei Biotech-Firmen und zehn Pharmafirmen initiierte Projekt, das jetzt ausgegründet wurde, will damit die Entwicklung neuer Krebstherapien für Kinder und Jugendliche für Pharmafirmen und akademische Forschungseinrichtungen attraktiver machen und beschleunigen. Finanziert wurde das Projekt bislang von der Europäischen "Innovative Medicines Initiative 2". Gründungspartner sind zahlreiche hochkarätige Forschungsinstitutionen und Biotech-Firmen aus ganz Europa.
Jährlich erkranken etwa 9.000 Kinder und Jugendliche in Europa an Krebs. Etwa jeder vierte dieser jungen Patienten kann mit den derzeit verfügbaren Therapien nicht geheilt werden und überlebt die Erkrankung nicht. Laut Experten fehlt es in der Kinderonkologie an modernen etablierten Therapieverfahren, wie sie in der Erwachsenenonkologie bereits entwickelt werden.
Im Jahr 2017 startete das Projekt ITCC-P4 der "Innovative Medicines Initiative 2" der Europäischen Union mit dem Ziel, für die häufigsten Krebsarten im Kindesalter und für Rückfälle, die heute oftmals nur unzureichend behandelt werden können, patientenindividuelle präklinische Labormodelle zu entwickeln. Patientenspezifische Tumormodelle liefern aussagekräftigere Ergebnisse zur Vorbereitung klinischer Studien, als es momentan mit den üblichen Tests an Krebszellen in Kulturschalen oder an genetisch gleichförmigen Mausstämmen möglich ist. Zur Entwicklung solcher maßgeschneiderten Tumormodelle werden beispielsweise Krebszellen einzelner junger Krebskranker auf Mäuse übertragen. Die Krebszellen können dann umfassend in ihrer Biologie untersucht und zur systematischen Testung und Priorisierung neuer Therapieansätze im Vergleich zu den derzeit verwendeten Standardtherapien genutzt werden.
Präklinische Labormodelle, speziell für kindliche Krebserkrankungen, könnten künftig für die Zulassung aller Krebsmedikamente eine wichtige Rolle spielen. Derzeit wird die EU-Verordnung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) an die kürzlich verabschiedeten neuen Bestimmungen in den USA angepasst. Demnach müssen alle Krebsmedikamente, die eine Zulassung erhalten, auch für die Behandlung von Krebs im Kindesalter geprüft werden, falls der Wirkmechanismus für kindliche Tumoren relevant ist. „Es zeichnet sich deshalb ab, dass präklinische Tests an kindlichen Tumormodellen eine Voraussetzung für die Zulassung aller neuen Krebsmedikamente in der EU werden, auch für Medikamente, die primär für Erwachsene entwickelt wurden, so wie dies in den USA bereits der Fall ist“, betont Stefan Pfister, Direktor am KiTZ, Abteilungsleiter am DKFZ und Kinderonkologe am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). Gemeinsam mit Gilles Vassal, dem derzeitigen Präsidenten der ITCC vom französischen Comprehensive Cancer Center Gustave Roussy, bildet er interimistisch die Geschäftsführung der ITCC-P4 gGmbH. „Bislang waren weder die Pharmafirmen noch die kinderonkologischen Forschungseinrichtungen ausreichend gut vorbereitet, weil es insbesondere für Hochrisiko-Tumoren nur sehr wenige und wenig charakterisierte und standardisierte präklinische Labormodelle gab, um systematische Wirkstoffprüfungen durchzuführen“, ergänzt Gilles Vassal.
Mehr als 400 patientenspezifische Tumormodelle, unter anderem für seltene Krebserrankungen, wurden im Rahmen des Projektes entwickelt und deren Eigenschaften unter der Behandlung mit Strahlen- und Chemotherapie, sowie unterschiedlichen Krebsmedikamenten genaustens molekular und pharmakologisch charakterisiert. Mit der ITCC-P4 gGmbH als Lizenzgeber stehen diese präklinischen Modelle nun Pharmafirmen und akademischen Einrichtungen für Medikamententests zur Verfügung. Die präklinischen Tests mit den neu entwickelten Tumormodellen werden von den Biotech-Firmen Charles River Laboratories, der Experimental Pharmacology & Oncology -Berlin-Buch GmbH und Xentech angeboten. Die Einnahmen fließen anteilig zurück in die Forschung der Gesellschafter zur Weiterentwicklung neuer Labormodelle. Beispielsweise können auch Krebszellen aus Gewebeproben, die im Labor zu dreidimensionalen Minitumoren heranwachsen, stellvertretend für die jungen Patientinnen und Patienten als patientenspezifisches Testmodell genutzt werden, um Wirkstofftest im Hochdurchsatzverfahren mit zahlreichen Medikamenten gleichzeitig durchzuführen.
Die ITCC-P4 gGmbH ist das erste und weltweit bislang einzige gemeinnützige Unternehmen, das Labormodelle für systematische Wirksamkeitsprüfungen an kindlichen Tumoren anbietet. Zu den Gesellschaftern der Kooperation zwischen privaten Firmen und akademischen Zentren gehören 11 Forschungseinrichtungen und drei Biotech-Firmen. Das Projekt wurde von der Initiative "Innovative Medicines Initiative 2" der Europäischen Union unter der Förderungsvereinbarung Nr. 116064 finanziert. Dieses Gemeinsame Kooperation wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union und EFPIA unterstützt.