Die häufigste chronische Lebererkrankung ist die nichtalkoholische Fettleber. Sie kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen: Unbehandelt kann sie zu Leberentzündung (metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis, MASH), Leberzirrhose und sogar zu Leberkrebs führen. Die Fettlebererkrankung gilt großenteils als direkte Folge von krankhaftem Übergewicht, der Adipositas. Nicht nur Menschen in Europa und den USA haben in den letzten Jahrzehnten enorm an Gewicht zugelegt, sondern auch in Schwellenländern wie Indien und China breitet sich die Adipositas immer mehr aus. Die Konsequenz sind stark steigende Fallzahlen von Leberversagen und Leberkrebs in den betroffenen Ländern.
„Der Teufelskreis aus ungesunder Ernährung, Adipositas, Leberentzündung und Leberkrebs ist für die Betroffenen mit großen Einschränkungen und Leiden verbunden und stellt außerdem eine erhebliche Belastung für die Gesundheitssysteme dar", sagt Mathias Heikenwälder, DKFZ und Universität Tübingen. „Wir haben daher untersucht, ob einfache Ernährungsumstellungen diese unheilvolle Entwicklung gezielt unterbrechen können."
Intervallfasten hatte sich bereits in einigen Studien als wirksames Mittel zur Gewichtsreduktion und zur Linderung bestimmter Stoffwechselstörungen erwiesen. Das Team um Heikenwälder prüfte jetzt an Mäusen, ob dieser Ansatz auch die Leber vor Verfettung und chronischer Entzündung schützen kann.
Resistenz gegen Leberentzündung ist unabhängig von der Kalorienaufnahme
Die Tiere erhielten Futter, dessen zucker- und fettreiche Zusammensetzung der westlichen Ernährungsweise entspricht. Eine Gruppe der Mäuse hatte ständigen Zugang zum Futter. Diese Tiere legten wie erwartet an Gewicht und Körperfett zu und entwickelten eine chronische Leberentzündung.
Die Mäuse der anderen Gruppe bekamen an zwei Tagen pro Woche nichts zu fressen (5:2 Intervallfasten, kurz 5:2 IF), konnten sich an den anderen Tagen aber nach Belieben bedienen. Diese Tiere nahmen trotz der hochkalorischen Diät nicht zu, zeigten weniger Anzeichen für Lebererkrankung und hatten niedrigere Spiegel an Biomarkern, die Leberschäden anzeigen. Kurz: Sie waren resistent gegen die Entwicklung einer MASH.
Interessanterweise war die Resistenz gegenüber der Entwicklung einer Fettleber unabhängig von der Gesamtkalorienaufnahme, denn nach Ende der Fastenperioden holten die Tiere die entgangenen Rationen sogleich nach.
Beim Experimentieren mit verschiedenen Varianten des Intervallfastens stellte sich heraus, dass mehrere Parameter über den Schutz vor Leberentzündung entscheiden: Die Anzahl und die Dauer der Fastenzyklen spielen eine Rolle, ebenso der Beginn der Fastenphase. Ein 5:2-Diätschema wirkt besser als 6:1; 24-stündige Fastenphasen besser als 12-stündige. Eine besonders ungesunde Ernährungsweise erfordert häufigere Diätzyklen.
Das Team um Heikenwälder wollte nun den molekularen Hintergründen der Reaktion auf das Fasten auf die Spur kommen. Dazu verglichen die Forschenden Proteinzusammensetzung, Stoffwechselwege und Genaktivitäten in der Leber von fastenden und nicht-fastenden Mäusen. Dabei kristallisierten sich zwei Hauptverantwortliche für die schützende Fasten-Reaktion heraus: Der Transkriptionsfaktor PPARα sowie das Enzym PCK1. Die beiden molekularen Player arbeiten in Kooperation, um den Abbau von Fettsäuren sowie die Glukoneogenese zu steigern und den Aufbau von Fetten zu hemmen.
„Die Fasten-Zyklen führen zu tiefgreifenden Stoffwechselveränderungen, die zusammen als vorteilhafte Entgiftungsmechanismen wirken und dazu beitragen, die MASH zu bekämpfen", fasst Heikenwälder die molekularen Details zusammen.
Dass diese Zusammenhänge kein reines Mäuse-Phänomen darstellen, zeigte sich bei der Untersuchung von Gewebeproben von MASH-Patienten: Auch hier fanden die Forscher das gleiche molekulare Muster mit reduziertem PPAR α und PCK1.
Sind PPAR α und PCK1 tatsächlich ursächlich verantwortlich für die vorteilhaften Fasten-Effekte? Wurden in den Leberzellen der Mäuse beide Proteine zugleich genetisch ausgeschaltet, so konnte das Intervallfasten weder chronische Entzündung noch Fibrose verhindern.
Der Wirkstoff Pemafibrat imitiert in der Zelle die Effekte von PPARα. Kann die Substanz auch den schützenden Fasteneffekt imitieren? Auch diese Frage untersuchten die Forscher an Mäusen. Unter Pemafibrat zeigten sich einige der günstigen Stoffwechselveränderungen, wie sie auch beim 5:2-Fasten beobachtet wurden. Jedoch konnte er die schützenden Effekte des Fastens nur teilweise imitieren. „Das ist wenig überraschend, da wir mit Pemafibrat ja nur einen der beiden entscheidenden Player beeinflussen können. Ein Wirkstoff, der die Effekte der PCK1 imitiert, steht leider noch nicht zur Verfügung", erklärt Mathias Heikenwälder.
Intervallfasten als Leber-Therapie
Hatten sich die Forscher um Heikenwälder zunächst auf die Effekte des Intervallfastens auf die Prävention der MASH konzentriert, so untersuchten sie im Anschluss, ob sich auch eine bereits bestehende chronische Leberentzündung durch die 5:2-Diät lindern lässt.
Dazu untersuchte das Team Mäuse, die nach monatelanger Fütterung mit zucker- und fettreicher Nahrung eine MASH entwickelt hatten. Nach weiteren vier Monaten 5:2-Intervallfasten (bei gleichbleibender Ernährungsform) wurden diese Tiere mit der nicht-fastenden Kontrollgruppe verglichen. Die fastenden Mäuse hatten bessere Blutwerte, weniger Leberverfettung und Leberentzündung und vor allem: Sie erkrankten seltener an Leberkrebs und wenn doch, so hatten sie weniger Krebsherde in der Leber.
„Das zeigt uns, dass 5:2-Intervallfasten ein hohes Potenzial hat – sowohl in der Prävention von MASH und Leberkrebs, als auch in der Therapie einer bereits etablierten chronischen Leberentzündung", resümiert Studienleiter Heikenwälder. „Die vielversprechenden Ergebnisse rechtfertigen Studien an Patienten, um herauszufinden, ob das Intervallfasten ähnlich gut vor chronischer Leberentzündung schützt wie im Mausmodell."
Das 5:2-Fastenschema ist beliebt. Es gilt als vergleichsweise gut in den Alltag integrierbar, da die Fastentage nach dem persönlichen Bedarf ausgerichtet werden können und keine bestimmten Lebensmittel verboten sind. „Trotzdem wird es immer Menschen geben, die eine strenge Diät nicht dauerhaft durchhalten", so Heikenwälder. „Daher wollen wir in Zukunft weiterverfolgen, mit welchen Wirkstoff-Kombinationen wir die schützenden Effekte des Fastens vollständig nachahmen können."