Laserlicht löst Kronen, Veneers und Brackets
In einem Verbundprojekt haben die Klinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums Ulm (UKU) und das Institut für Lasertechnologien in der Medizin und Messtechnik (ILM) an der Universität Ulm eine lasergestützte Technologie zur zerstörungsfreien Entfernung kieferorthopädischer Brackets und zahnärztlicher Restaurationen entwickelt.
Ob Zahnkronen, die Brackets festsitzender Zahnspangen oder optische Verblendungen am Zahn, sogenannte Veneers: zahnärztliche Versorgungen aus Keramik kommen bei verschiedenen Behandlungen zum Einsatz. Ist die kieferorthopädische Therapie mit Brackets abgeschlossen, wurde das Veneer in der falschen Position zementiert oder tritt ein Behandlungsbedarf am Zahn unter der Krone auf, müssen die Versorgungen wieder entfernt werden. Nicht immer gelingt das komplikationslos. „Bei der Entfernung von Brackets sind Beschädigungen der Zahnoberfläche oder Bracket-Frakturen möglich. Nach der konventionellen Entfernung von Kronen oder Veneers mit rotierenden Schleifkörpern können diese zudem nicht wiederverwendet werden“, weiß Dr. Katharina Kuhn, Projektleiterin und Oberärztin in der Klinik für Zahnärztliche Prothetik. Für dieses Problem hat ein interdisziplinäres Team von Uniklinik und Universität über viele Jahre gemeinsam eine Lösung entwickelt. Mit der lasergestützten ReversFix-Technologie können kieferorthopädische Brackets und zahnärztliche Restaurationen zerstörungsfrei und schonend entfernt werden. Patient*innen und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte profitieren gleichermaßen von der neuen Technik. „Laserlicht durchdringt dabei das keramische Bracket oder die keramische Restauration und interagiert mit dem zahnärztlichen Zement“, erklärt Dr. Kuhn. „Energieumwandlungsprozesse führen dann zur zerstörungsfreien Ablösung des Brackets oder der Restauration.“
Die neue Technologie ist eine echte Erfolgsgeschichte der Ulmer Universitätsmedizin. Die Klinik für Zahnärztliche Prothetik des UKU und das ILM der Uni Ulm haben die ReversFix-Technik gemeinsam entwickelt – zunächst in-vitro, also durch wissenschaftliche Versuche im Labor. Bereits in dieser frühen Phase im Jahr 2010 erhielt das ambitionierte Ulmer Projekt eine Auszeichnung. Der Projektantrag wurde im Rahmen des Innovationswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu einem der 15 Gewinnerprojekte aus insgesamt 137 Bewerbungen gekürt. Als Projektleiterin war Dr. Kuhn bereits damals involviert. Dr. Sarah Blender, die im Verlauf die stellvertretende Projektleitung übernommen hat, begleitet das Projekt ebenfalls seit Jahren und hat bereits als wissenschaftliche Hilfskraft während ihres Zahnmedizin-Studiums an der Umsetzung mitgewirkt. Nach Abschluss der in-vitro Entwicklung führte die Klinik für Zahnärztliche Prothetik das Projekt in den folgenden Jahren weiter. Das Ziel der Ulmer Zahnmediziner*innen war es, die im Labor erfolgreich entwickelte Technologie erstmals am Menschen anzuwenden. Der Antrag für die dazugehörige klinische Studie nach Medizinproduktegesetz wurde im Jahr 2018 genehmigt. „Bis dahin war es ein langer Weg, denn die Antragsstellung an sich ist ein sehr aufwendiger Prozess mit mehrstufigem Genehmigungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“, erinnert sich Dr. Kuhn. Im Studienzeitraum von 2019 bis 2021 nahmen insgesamt 60 Proband*innen an der Studie teil. „Das Interesse der Patientinnen und Patienten an der Studie und die Bereitschaft zur Teilnahme waren sehr hoch, weshalb die Rekrutierung stetig voranschritt. Die Studiendurchführung war durch die hohen Dokumentationsanforderungen sehr aufwendig“, erinnern sich die beiden Prüfärztinnen Dr. Blender und Dr. Kuhn. Während der Studie entstand auch ein Videobeitrag, der die Ablösung eines Veneers mit der ReversFix-Technologie an einem Probanden zeigt. Dieser Videobeitrag wurde im Dezember nach Abschluss der Studie im Rahmen des Symposiums 2021 der Arbeitsgemeinschaft für Keramik in der Zahnheilkunde e.V. mit dem 3.Platz des AG-Keramik Videopreises 2021 ausgezeichnet. „Wir freuen uns sehr, dass unsere Laser-Methode in der klinischen Anwendung überzeugt und durch diese Technologie ein echter Benefit für Patientinnen und Patienten zur schonenden Entfernung ihrer keramischen Versorgungen entsteht“, sagt Dr. Blender.