Der Name des Gesetzes ist sperrig, die Idee dahinter – verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln – gut. Auch die EU-Ebene befasst sich mit dem Thema: Die Rede ist zum einen vom deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), zum anderen von anstehenden Trilogverhandlungen zur europäischen Lieferkettenrichtlinie. Beides stand bei der Veranstaltung am 4. April in der Reihe „global verantwortlich Baden-Württemberg“ im Haus der Wirtschaft im Mittelpunkt. Es ging um Erfahrungen der Unternehmen im Umgang mit den anspruchsvollen Zielen der Gesetze.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Gastgeberin der Veranstaltung, sagte: „Der EU ist es wichtig, dass die Unternehmen verantwortungsvoll handeln. Das ist nachvollziehbar. Mir ist wichtig, dass die EU dabei nicht übers Ziel hinausschießt und unsere Unternehmen nicht noch mehr belastet werden. Und vor allem sollte die EU darauf achten, ihre Gesetze und Richtlinien besser aufeinander abzustimmen. Das würde unseren Unternehmen schon sehr helfen.“
Die Wirtschaftsministerin betonte, dass viele baden-württembergische Unternehmen auf einem guten Weg sind und die Einhaltung von Sorgfaltspflichten und die Implementierung von Nachhaltigkeitszielen in ihren globalen Lieferketten für richtig und wichtig halten. Jetzt komme es bei den anstehenden Trilogverhandlungen zur europäischen Lieferkettenrichtlinie darauf an, dass ein für die Unternehmen leistbarer Regulierungsrahmen beschlossen wird, der hinreichende Rechtssicherheit bietet und bislang vorgesehene zusätzliche Belastungen reduziert, so Hoffmeister-Kraut.
Die Praxisreihe des Wirtschaftsministeriums „global verantwortlich Baden-Württemberg“ hat zum Ziel, den Unternehmen im Land praktisches Handlungs- und Umsetzungswissen für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement zu vermitteln. „Wir haben von Anfang an auf die gelebte gesellschaftliche Verantwortung unserer Unternehmen gesetzt und wollen deren Anstrengungen mit unserer Initiative konkret unterstützen“, so die Ministerin. Hofmeister-Kraut dankte den Industrie- und Handelskammern und dem Verband Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) für ihre Unterstützung in diesem Thema.
Für Baden-Württemberg als besonders exportorientiertes Land komme es in den kommenden Monaten darauf an, dass sich flankierend zur Landesregierung auch Unternehmen, Kammern und Verbände mit ihren konkreten Erfahrungen auf Bundes- und europäischer Ebene für einen leistbaren Regulierungsrahmen einsetzen, so die Ministerin. In Richtung der Europäischen Union mahnte sie an, auf eine bessere Kohärenz ihrer nachhaltigkeitsorientierten Regulierungsinitiativen zu achten. „Aktuell gibt es einige Richtlinien wie etwa zu produktbezogenen Sorgfaltspflichten, zu kritischen Rohstoffen und Konfliktminieralien oder zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten, die noch nicht oder nicht optimal mit der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie abgestimmt sind. Derartige Parallelstrukturen sind gerade für kleine und mittlere Unternehmen kaum mehr zu überblicken, deshalb ist es wichtig, die Chance zu nutzen und ein für die Unternehmen gut handhabbares Regelwerk ohne zusätzliche bürokratische Belastungen zu schaffen“, so Hoffmeister-Kraut.
Mit Blick auf die internationale Verflechtung der baden-württembergischen Wirtschaft bekräftigte die Wirtschaftsministerin ihre Befürchtung, dass sich Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten, die durch das Lieferkettengesetz entstehen, aus Entwicklungs- und Schwellenländern zurückziehen. „Auch meine jüngsten Gespräche mit Wirtschaftsvertretern in Chile, Brasilien und Südafrika haben gezeigt, dass manch gut gemeinte Regulierungsvorschrift dort vor Ort als konkretes Handelshemmnis, ja als Marktzutrittsbarriere empfunden wird.“ Daher müsse bei Verhandlungen zu bi- und multilateralen EU-Handelsabkommen auch ein Perspektivwechsel vorgenommen werden, der mit handlungsleitend sei, schlägt Hoffmeister-Kraut vor.