„Nur mit dem Faktor Innovation wird es uns gelingen, die Herausforderungen der Gegenwart zu meistern und in Chancen zu verwandeln. Dazu brauchen unsere Unternehmen bessere Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und dafür mehr Freiraum für Innovation. Nur so kann die wirtschaftliche Dynamik entstehen, die wir dringend benötigen.“ Trotz des erkennbaren Willens, perspektivisch Bürokratie abzubauen, kämen aus Brüssel aktuell zu viele, zu schwer umsetzbare Regelungen, die oft nicht zu Ende gedacht seien. Als ein Beispiel für die Überbürokratie führte die Ministerin das geplante EU-Lieferkettengesetz an: „Gut gemeinte politische Visionen reichen nicht aus. Die Vorschriften müssen so ausgestaltet sein, dass Ziel und Aufwand in einem angemessenen Verhältnis stehen. Das ist auch wichtig für die Akzeptanz.“
Hoffmeister-Kraut wurde zu ihren Gesprächen mit EU-Vertretern von baden-württembergischer Unternehmern und Verbänden begleitet. Die Wirtschaftsministerin dazu: „Mir ist der direkte Austausch wichtig, deshalb möchte ich beide Seiten, Entscheider und Betroffene, zusammenzubringen und einen Dialog ermöglichen. Diejenigen, die Gesetze und Vorschriften ausarbeiten, sollten wissen und hören, vor welche Herausforderungen unsere Unternehmen dadurch gestellt werden. Es geht mir aber auch darum, gemeinsam mit den Unternehmen konstruktive Lösungsansätze aus der Praxis einzubringen, die möglicherweise zu Verbesserungen in der Ausgestaltung und Umsetzung einzelner Vorschriften führen könnten.“
Gegenüber den anwesenden EU-Vertretern plädierte Hoffmeister-Kraut für eine Zukunftsagenda hin zu einer resilienten Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union. Dazu forderte sie mehr internationale Abkommen und gezielte Investitionen in Grundlagentechnologien wie etwa die Batteriezellforschung. Gleichzeitig warnte sie vor zu viel zentralem Dirigismus aus Brüssel: „Es kann nicht sein, dass wir ganze Industriezweige durch Verbote oder zu enge rechtliche Vorschriften in ihrer unternehmerischen Tätigkeit einengen und uns dann beschweren, wenn sie aus Europa abwandern und unsere Wettbewerbsfähigkeit leidet.“ Als Beispiel nannte die Ministerin die Medical Device Regulation (MDR), die bereits zu erheblichen Folgen in Baden-Württemberg geführt habe. „Wir verlieren Produkte, wir verlieren Unternehmen, das können wir nicht hinnehmen. Deshalb bringen wir uns in die weitere Ausgestaltung der MDR hier in Brüssel auch als Land mit starker Stimme und eigenen Vorschlägen ein“.
Hoffmeister-Kraut erneuert in den Gesprächen ihre Forderung, im EU-Beihilferecht auch innovative Leitregionen adäquat zu berücksichtigen: „Der Transformationsdruck in Baden-Württemberg ist höher als in anderen Regionen. Unsere Unternehmen bringen erhebliche Mittel dafür auf. Gleichzeitig kann unser Land industrieller Vorreiter beim Green Deal werden. Wir verfügen über das Know-how und die erforderlichen Strukturen, doch das EU-Beihilferecht setzt uns zu enge Grenzen, um unsere Zukunftstechnologien zielgerichtet zu fördern und auszubauen“, so die Ministerin. Dies sei ein klarer Wettbewerbsnachteil und bremse den technologischen Fortschritt und die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur in Baden-Württemberg, sondern EU-weit.