Die Rektorin der Universität Tübingen, Professorin Karla Pollmann, eröffnete das Programm gemeinsam mit den Direktoren des Tübingen AI Centers, Professor Matthias Bethge und Professor Bernhard Schölkopf. In ihrer Rede verwies Pollmann auf die wissenschaftliche Exzellenz und Agilität der KI-Forschenden und das rasche Wachstum des KI-Ökosystems in der Region. Insbesondere betonte sie die besondere Rolle von KI bei der Weiterentwicklung der Universität und lobte die enge Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster für Maschinelles Lernen, um die neuen Möglichkeiten durch KI möglichst gut für die Forschung in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zu nutzen.
Matthias Bethge dankte der Landesregierung Baden-Württemberg und der Bundesregierung für die dauerhaft angelegte Förderung des Tübingen AI Centers. Dadurch werde es möglich, in den nächsten Jahren das Gründungsteam von Professoren, Max Planck Direktoren und Forschungsgruppenleitern zu verdoppeln und ein attraktives akademisches Forschungsumfeld zu schaffen. Bethge sprach sich für ein Maximum an Agilität aus, um in Forschung, Transfer und Ausbildung mit dem Tempo der globalen KI-Entwicklung mithalten zu können: „Wir stehen vor großen Zukunftsfragen und Herausforderungen und unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler engagieren sich mit größtem Einsatz, um unsere Gesellschaft in Deutschland und Europa für die Gestaltung der Zukunft fit zu machen.”
Bernhard Schölkopf ergänzte, das Tübingen AI Center arbeite eng mit dem European Laboratory for Intelligent Systems (ELLIS) zusammen. Dank einer großzügigen Förderung durch die Hector Stiftung werde derzeit ein erstes ELLIS Institut in Tübingen gebaut, welches gemeinsam mit dem Tübingen AI Center um die besten Köpfe werbe.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte in seiner Rede, dass Baden-Württemberg mit der Gründung des Cyber Valley im Jahr 2016 schon frühzeitig den Grundstein für einen Innovationscampus für Künstliche Intelligenz und intelligente Systeme gelegt habe. „Heute steht der Standort Tübingen in Europa an der Spitze der KI-Forschung, hat den einzigen Master-Studiengang für Maschinelles Lernen in Deutschland und mit ELLIS ein Netzwerk, das die besten Köpfe aus ganz Europa nach Baden-Württemberg zieht“, so Kretschmann. Diese Anziehungskraft steige nun noch weiter. Mit der Förderung von Bund und Land mit je zehn Millionen Euro jährlich bis zunächst 2028 sei das AI Center ein Magnet für die Spitzenforscherinnen und -forscher. „Technologische Souveränität ist mehr denn je die Voraussetzung für ein strategisch souveränes Europa, das gegenüber China und den USA wettbewerbsfähig ist“, so Kretschmann: „Künstliche Intelligenz ist daher keine Option – sie ist ein Muss.“
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Mario Brandenburg, unterstrich die Bedeutung der KI-Kompetenzzentren: „Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie, die vor allem viele Chancen bietet. Um diese Chancen zu heben, müssen wir die KI-Forschung und -Fachkräfteausbildung weiter stärken. Gleichzeitig müssen wir auch die Umsetzung in konkrete Anwendungsfälle forcieren und die nationale und europäische Vernetzung vorantreiben. Das Tübingen AI Center und die gesamte Region Stuttgart-Tübingen stehen exemplarisch für diese Vision. Gemeinsam mit den weiteren KI-Kompetenzzentren ist dies ein starkes Fundament für den KI-Standort Deutschland.“
Nach der Zeremonie stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Tübingen AI Centers aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung vor. Hier ging es um Themen wie erklärbares maschinelles Lernen oder den Einsatz von maschinellem Lernen für eine nachhaltige KI. Die Geschäftsführerin der Cyber Valley GmbH, Rebecca Reisch, beschrieb die Bedeutung des Technologietransfers aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft. Wie so ein Transfer konkret aussehen kann, präsentierten die Start-ups Maddox AI, ein Spin-off des Tübingen AI Centers, und Aleph Alpha, ein Mitglied des Cyber Valley Start-Up Netzwerks.
Anschließend sprach die baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Petra Olschowski, über die gesellschaftlichen Herausforderungen und Chancen rund um das Thema KI: „Die KI-Forschung hat zuletzt beeindruckende Fortschritte gemacht. Methoden des maschinellen Lernens, wie sie im Tübinger AI Center beforscht werden, haben dabei besonderes Potenzial und sind zunehmend Teil unseres Lebens – Beispiele reichen von der personalisierten medizinischen Diagnostik bis zu Chatbots. Aber auch die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser KI-Zukunftstechnologien sind mitzudenken und zu gestalten. Das neue AI Center stellt daher den Menschen in den Mittelpunkt“, sagte die Ministerin. „Als wertvolle Ergänzung unseres Innovationscampusmodells Cyber Valley verbindet das neue Zentrum Grundlagenforschung und Transfer mit der Ausbildung der gefragten Fachkräfte von morgen.“ Anschließend gratulierte sie zwei ehemaligen Gewinnern des Bundeswettbewerbs für Künstliche Intelligenz, kurz BWKI, der 2018 vom Tübingen AI Center zusammen mit Bosch ins Leben gerufen wurde und aktuell maßgeblich von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert wird.
Weitere Gäste repräsentierten zwei Projekte, die sich erfolgreich um eine Förderung durch den „Agile Transfer Fund“ beworben hatten. Diese neue Maßnahme des Tübingen AI Centers soll Forschenden und Studierenden helfen, die Umsetzung von gesellschaftlich nützlichen Ideen mit Hilfe der künstlichen Intelligenz anzustoßen: Das Polybot-Projekt um den Forschungsgruppenleiter Wieland Brendel verfolgt das Ziel, mit Hilfe von Schwärmen flexibler Kleinroboter die technologischen Voraussetzungen zur Automatisierung einer regenerativen Landwirtschaft zu schaffen. Die finanzielle Förderung ermöglicht es dem Team, kurzfristig hochqualifiziertes Personal zu gewinnen. Bei „KI macht Schule“ geht es darum, Schülerinnen und Schülern KI als Technologie zugänglich zu machen und eine schnelle und kompetente Integration des Themas in den Lehrplan zu unterstützen. Mit den Mitteln aus dem Agile Transfer Fund kann das Team interaktives Lehr- und Lernmaterial aus aktueller Forschung entwickeln.
Über das Tübingen AI Center
Das Tübingen AI Center ist eine Forschungseinrichtung der Universität Tübingen in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS). Ziel der Forschenden ist es, die Weiterentwicklung robuster lernender Systeme zum Nutzen von Gesellschaft und Wirtschaft voranzutreiben. Lernalgorithmen sollen weniger Daten benötigen und erfolgreich mit äußeren und unerwarteten Einflüssen umgehen können. Gleichzeitig sollen maschinelle Entscheidungsprozesse besser interpretierbar und fairer werden. Das Zentrum will neue Wege gehen, um Grundlagenforschung mit Transfer und Ausbildung zu verknüpfen, und gemeinsam mit anderen Forschern in Europa dazu beitragen, dass gesellschaftlich wertvolle Technologien unter dem Label “AI made in Europe” entwickelt werden.
Zusammen mit vier weiteren Zentren des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird es seit dem 1. Juli 2022 vom BMBF und dem MWK Baden-Württemberg mit 20 Millionen Euro pro Jahr gefördert. Eingebettet in den schnell wachsenden Tübinger Wissenschafts- und Technologiecampus, kooperieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Tübingen AI Center eng mit dem europaweiten Forschungsnetzwerk ELLIS und der baden-württembergischen Cyber-Valley-Initiative, die Forschende mit Start-ups und der Industrie in der Region verbindet.