Neue Erkenntnisse zu menschlichen Stoffwechselprozessen
Forscher*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg haben wesentliche neue Erkenntnisse über Stoffwechselprozesse in der Niere gewonnen. Die Wissenschaftler*innen des Instituts für Genetische Epidemiologie des Universitätsklinikums Freiburg maßen in Proben von mehr als 5.000 Studienteilnehmer*innen winzige Moleküle, sogenannte Metabolite, die in Blut und Urin vorkommen und unseren Stoffwechsel widerspiegeln.
Diese glichen sie mit dem Genom der Proband*innen ab und konnten darüber 1.299 genetische Veränderungen identifizieren, die mit Stoffwechselprodukten in Verbindung stehen und zu deren Herstellung, Abbau oder Transport beitragen. Die Erkenntnisse ermöglichen ein besseres Verständnis von Prozessen im gesamten Körper und insbesondere in der Niere, welche aus dem Blutplasma Urin herstellt. Diese Entdeckungen, die am 5. Juni 2023 im Fachjournal Nature Genetics erschienen, könnten zu einem besseren Verständnis von Krankheiten und neuen Ansätzen für ihre Behandlung führen. So wirkt eine neue Klasse von Therapien zur Behandlung von Diabetes, sogenannte SGLT2 Inhibitoren, zum Beispiel durch Hemmung eines Metabolittransporters in der Niere.
„Diese Studie eröffnet uns neue Einblicke in den Stoffwechsel und seine Zusammenhänge mit der Gesundheit. Sie liefert wertvolle Informationen, die uns helfen könnten, Krankheiten besser zu verstehen und damit eine Grundlage für neue Behandlungsoptionen zu schaffen", sagt Prof. Dr. Anna Köttgen, Direktorin des Instituts für Genetische Epidemiologie des Universitätsklinikums Freiburg und Sprecherin des Sonderforschungsbereichs 1453 „Nephrogenetics“ der Universität Freiburg, der die Arbeit an der Studie unterstützte. Köttgen ist auch Mitglied des Exzellenzclusters CIBSS - Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg.
Integration von Blut- und Urinanalysen brachte wichtige Erkenntnisse
Die Durchführung einer solch groß angelegten Assoziationsstudie brachte besondere Herausforderungen mit sich. Die Forscher*innen mussten große Datenmengen analysieren und komplexe genetische Zusammenhänge verstehen. Erstautor Dr. Pascal Schlosser von der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg und dem Institut für Genetische Epidemiologie des Universitätsklinikums Freiburg erklärt: „Insbesondere der als Multi-Matrix-Untersuchung bezeichnete Vergleich von Blut- und Urinproben und deren genetischen Grundlagen ist sehr aufwändig. Er bietet aber die Möglichkeit zu unterscheiden, ob bestimmte Stoffwechselveränderungen vor allem in der Niere selbst oder über den Körper verteilt ablaufen. Außerdem konnten wir auf diese Weise einen viel größeren Teil der menschlichen Stoffwechselvorgänge beobachten als nur im Blut.“
Nierenenzym auch bei Bluthochdruck und Arthrose relevant
So konnten die Forschenden unter anderem nachweisen, dass das Enzym DPEP1 nicht nur in der Niere wichtige Funktionen hat, sondern auch an gänzlich anderen Stellen im Körper von Bedeutung ist. So war eine erhöhte Aktivität von DPEP1 mit einem höheren Arthroserisiko verbunden, jedoch gleichzeitig mit einem niedrigeren Risiko für Bluthochdruck. „Unsere Erkenntnisse können dabei helfen, auch mögliche Nebenwirkungen von neu zu entwickelnden Medikamenten von Anfang an zu berücksichtigen“, sagt Erstautorin Nora Scherer, ebenfalls vom Institut für Genetische Epidemiologie des Universitätsklinikums Freiburg.