Neuer Forschungsansatz zur Behandlung der Herzschwäche
Eine Gruppe von Forschern am European Center for Angioscience (ECAS) der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg hat einen möglichen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung der Herzschwäche (Herzinsuffizienz) entdeckt. Einmal mehr spielt das Endothel dabei eine wichtige Rolle, indem es nachweislich eine krankhafte Vermehrung von Bindegewebe in den Herzgefäßen, eine Herzfibrose, begünstigt.
Die Herzinsuffizienz ist die häufigste chronische Erkrankung und gleichzeitig häufigste Todesursache westlicher Länder. Zwei Verläufe lassen sich dabei unterscheiden, die zwar in ihren Ursachen, Mechanismen und Prognosen sehr unterschiedlich sind, die aber eines gemeinsam haben: eine fibrotische Veränderung des Gewebes. Während bei der systolischen Schwäche die Pumpkraft des Herzens verringert ist, ist eine diastolische Schwäche von einer gestörten Füllung des pumpenden Herzens gekennzeichnet.
Für beide Erkrankungen gibt es keine zufriedenstellenden Therapien. Sollte es gelingen, der Fibrose entgegenzuwirken, ließe sich auf diese Weises die Herzschwäche – gleich welchen Verlaufs – behandeln.
Die Arbeitsgruppe um Dr. Felix A. Trogisch von der Abteilung Kardiovaskuläre Physiologie des ECAS (Direktor: Prof. Dr. Jörg Heineke) konnte kürzlich am Modellsystem der Maus zeigen, dass Endothelzellen der Herzgefäße zur Fibroseentwicklung beitragen. Endothelzellen bilden die innerste Zellschicht der Blutgefäße und machen nach den Herzmuskelzellen den Hauptbestandteil des Herzens aus. Die Wissenschaftler gingen der Frage nach, inwieweit eine Fibrose des die Gefäße auskleidenden Endothels das Herz schädigt und ob das Endothel Angriffspunkte für mögliche Therapien bietet.
In verschiedenen experimentellen Maus-Modellen der Herzinsuffizienz konnten sie erstmalig zeigen, dass ein bisher nur aus Narbengewebe bei Erwachsenen bekannter Faktor, der Transkriptionsfaktor Sox9, im Endothel aktiviert wird und offenbar zur Verschlechterung der Herzfunktion durch Fibrose beiträgt. Eine dauerhafte Aktivierung dieses Faktors im Endothel von Mäusen löste eine Herzinsuffizienz und Herzfibrose aus. Umgekehrt waren transgene Mäuse, in denen der Faktor Sox9 spezifisch im Endothel entfernt wurde, im Experiment nahezu vollständig sowohl vor systolischer als auch vor diastolischer Herzinsuffizienz geschützt.
Mithilfe RNA-Chip-basierter Technologien konnten die Forscher zeigen, dass Sox9 nicht nur die Produktion von Bindegewebe anregt, sondern auch in entzündliche Prozesse und die Aktivierung weiterer Zellen, die das Herzen schädigen, involviert ist. In kultivierten Endothelzellen konnten sie außerdem in dem Signalmolekül CTGF einen Faktor nachweisen, der von Sox9 aktiviert wird und die Fibrose verstärkt, indem es Fibroblasten rekrutiert. Die übermäßige Aktivierung von Fibroblasten führt zu einer verstärkten Fibrose und Steifigkeit im Herzen.
Die Entdeckung, dass das Endothel von Herzgefäßen Fibroblasten aktiviert, und das Zusammenspiel von Sox9 und CTGF dabei eine wichtige Rolle spielt, bietet neue Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Wirkstoffe zur Behandlung der Herzinsuffizienz.
Abstractpreis der Segnitz-Ackermann-Stiftung
Dr. med. Felix A. Trogisch ist für diese Arbeit mit dem Abstractpreis der Segnitz-Ackermann-Stiftung ausgezeichnet worden (Abstract-Titel: Mesenchymal activation of endothelial cells by transcription factor Sox9 drives cardiac fibrosis and dysfunction during HFpEF and HFrEF).
Die Auszeichnung wurde ihm am 29. September im Rahmen des Basic Science Meetings auf den DGK Herztagen im World Conference Center Bonn verliehen. Der Preis wird von der Deutschen Stiftung für Herzforschung gestiftet und ist mit 3.000 Euro dotiert.