Neues Diagnostikverfahren bei pulmonaler Aspergillose
Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem stellt die invasive pulmonale Aspergillose, eine Pilzinfektion der Lunge, eine große Gefahr dar. Die Diagnose der Infektion ist oft schwierig und ungenau, die hochinvasiven Verfahren unangenehm für die bereits geschwächten Patientinnen und Patienten. Auf der Suche nach einem neuen Diagnostikverfahren hat das Universitätsklinikum Tübingen daher gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen und dem College of Life & Environmental Sciences der Universität Exeter ein neues Antikörper-gesteuertes Bildgebungsverfahren untersucht. Die Studie des Verfahrens erfolgte im Mausmodell und soll zur Erforschung eines klinischen Ansatzes genutzt werden. Aktuell ist die Studie in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications publiziert.
Der Aspergillus ist ein weltweit verbreiteter Schimmelpilz, der in einer Vielzahl von Umgebungen zu finden ist und im Alltag leicht eingeatmet werden kann. Für gesunde Menschen stellen die Sporen keine Gefahr dar, das Immunsystem wehrt die Gefahr ab. Bei immungeschwächten Menschen kann der Pilz jedoch die Lungen befallen und eine invasive pulmonale Aspergillose auslösen, eine sich schnell entwickelnde Pilzinfektion mit einer Sterblichkeitsrate von über 60 Prozent. Besonders für an COVID-19-Erkrankte auf der Intensivpflegestation hat sich die Infektion zu einem bedeutenden Problem entwickelt – schätzungsweise 30 Prozent von ihnen entwickeln eine COVID-assoziierte pulmonale Aspergillose.
Der Umgang mit der Pilzinfektion ist schwierig, da die Krankheit nicht genau und schnell diagnostiziert werden kann. Bislang sind Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnose auf hochinvasive Techniken wie Lungenbiopsien oder broncho-alveoläre Lavages (Flüssigkeit wird durch die Nase oder den Mund direkt in die Lunge injiziert) angewiesen. Zwar werden immer häufiger hochauflösende Röntgenaufnahmen (CT-Scan) eingesetzt, doch aufgrund mangelnder Spezifität muss der Verdacht trotzdem mithilfe der invasiven Techniken bestätigt werden. Bei geschwächten Patienten verschlimmern die Risiken und Unannehmlichkeiten nur die Schwere der Erkrankung, weshalb oft Medikamente verabreicht werden, bevor eine schlüssige Diagnose gestellt werden kann.
Um ein schnelleres, spezifischeres und angenehmeres Diagnostikverfahren zu entwickeln – unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die moderne Bildgebungsverfahren bieten – haben Forschende der Abteilung Präklinische Bildgebung und Radiopharmazie der Medizinischen Fakultät des Universitäts¬klinikums Tübingen gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen und dem College of Life & Environmental Sciences der Universität Exeter eine Studie durchgeführt. Die Ergebnisse sind aktuell in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
In der Studie im Mausmodell konnten die Forscherinnen und Forscher zeigen, dass der an der Universität Exeter entwickelte Antikörper hJF5 die Infektion in der Lunge infizierter Tiere spezifisch und schnell erkennen kann. Unter Verwendung eines hJF5-basierten Radiotracers, der lediglich intravenös injiziert wird, konnten die an der Universität Tübingen entwickelten modernen molekularen Bildgebungsverfahren (kombinierte Positronen-Emissions-Tomographie und Magnetresonanztomographie, PET/MR) eine schnelle und spezifische Diagnose der Krankheit liefern und gleichzeitig die präzise Überwachung der Therapie ermöglichen. Die Bildgebungsergebnisse konnten anschließend mit einer an der Universität Duisburg-Essen durchgeführten 3D-Mikroskopie ergänzt werden, welche die Genauigkeit der entwickelten Bildgebungsmethode mit einer präzisen (quantitativen) Bewertung der Infektion unterstrich. Dieser innovative duale Ansatz bewies, dass alle Infektionsstellen genau aufgedeckt werden können. Dies ist nicht nur entscheidend, um eine Einschätzung über den Schweregrad zu geben, sondern auch als erster Schritt zur Überwachung des Therapieerfolgs. Das Potential der Therapieüberwachung zeigten die Forscherinnen und Forscher mittels molekularer Bildgebung und der Verabreichung eines klassischen Antimykotikums, Voriconazol.
Als nächsten Schritt bereiten die Forscherinnen und Forscher die klinische Translation des Ansatzes vor. „Wir gehen fest davon aus“, so Dr. Nicolas Beziere von der Abteilung Präklinische Bildgebung und Radiopharmazie des Uniklinikums Tübingen und Letztautor der Studie, „dass die Leistung des neu entwickelten Radiotracers beim Menschen ähnlich sein wird und hoffen, dass in zukünftigen klinischen Studien ein sehr positiver Einfluss auf die Überlebensfähigkeit bei weitaus geringerem Risiko und höherem Komfort für den Patienten gezeigt werden kann“.