Neues Hochsicherheits-Labor für die Uni Ulm | Forschende wollen SARS-CoV2 und andere Krankheitserreger verstehen
Die virologische Forschung der Ulmer Universitätsmedizin vergrößert sich. Auf dem Campus entsteht zurzeit ein Schutzlabor der zweithöchsten Schutzstufe 3 (S3-Labor) als Containerlösung. Dort werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schwerpunktmäßig SARS-CoV-2 erforschen, aber auch andere Erreger wie Influenza- und HI-Viren. Die Gesamtbaukosten inklusive Erstausstattung betragen rund 8,4 Millionen Euro. Am Mittwoch, 19. April, sind die ersten Module aufgestellt worden.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat Forschende weltweit quasi über Nacht vor neue Herausforderungen gestellt. Antigen-Schnelltests und wirksame Impfstoffe mussten in kürzester Zeit entwickelt werden. Auch an der Universität Ulm wurde an der neu entstandenen Zoonose geforscht und beispielsweise nach antiviralen Wirkstoffen gegen das Virus gesucht. Allerdings stand für die experimentelle Untersuchung von gefährlichen, luftübertragbaren Krankheitserregern bis jetzt nur ein einziges Labor der Schutzstufe 3 zur Verfügung, in dem hauptsächlich mit dem Erreger der Tuberkulose gearbeitet wurde. Das neue S3-Labor verbessert nicht nur die Möglichkeiten zur Erforschung von Coronaviren, sondern erlaubt auch eine schnellere und effektivere Reaktion auf das Auftreten neuer Viruserkrankungen.
Zahlreiche Schutzmaßnahmen stellen sicher, dass Viren nicht in die Umgebung gelangen
Ein Labor der Stufe 3 ist speziell für die Arbeit mit gefährlichen oder potenziell tödlichen Krankheitserregern konzipiert. In der Praxis wird ein S3-Labor oft genutzt, um Wirkstoffe gegen Infektionskrankheiten zu erforschen. So auch im neuen Labor: Neben der Entwicklung antiviraler Medikamente wollen die Forschenden auch die Frage beantworten, wie sich SARS-Cov-2 an die menschliche Immunabwehr anpasst. Das geschlossene System ist mit zahlreichen Schutzmaßnahmen ausgestattet, um sicherzustellen, dass keine infektiösen Viren oder andere Erreger in die Umgebung gelangen. Dazu gehört ein Unterdrucksystem, eine Schleuse mit gegeneinander verriegelten Türen, ein Hochleistungs-Schwebstofffilter und ein Autoklav zur Sterilisation. Mitarbeitende, die in einem S3-Labor arbeiten, müssen geschult sowie zertifiziert sein und tragen Schutzkleidung, einschließlich Atemschutzmasken und Schutzbrillen.
„Das neue S3-Labor wird die herausragende virologische Forschung an der Universität Ulm und damit den Gewinn neuer Erkenntnisse zur Bekämpfung gefährlicher Krankheitserreger befördern“, sagte der Präsident der Universität Ulm, Professor Michael Weber. „Die Universität Ulm leistet hiermit wichtige Beiträge zur Bewältigung großer gesellschaftlicher und medizinischer Herausforderungen, wie beispielsweise zum besseren Verständnis von SARS-CoV-2.“
Für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst war Ministerialdirektor Dr. Hans Reiter an die Universität Ulm gekommen. „Erfolgreiche Forschung braucht beste Rahmenbedingungen. Das neue S3-Labor stellt einen wichtigen Baustein für den Fortschritt der Forschungsinfrastruktur und die Spitzenforschung der Universitätsmedizin Ulm dar“, so Ministerialdirektor Reiter. „Die Forscherinnen und Forscher verfügen damit über ein Labor, das speziell für die enorm wichtige wissenschaftliche Arbeit mit hochansteckenden Erregern konzipiert wurde.“
Fertigstellung im dritten Quartal
Nutzen werden die Einrichtung zunächst Forschende des Instituts für Molekulare Virologie am Universitätsklinikum Ulm unter der Co-Leitung der Professoren Frank Kirchhoff und Jan Münch sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Virologie unter der Leitung von Professor Thomas Stamminger. Bereits in einer Woche soll der Rohbau stehen. Das vollständig ausgestattete Labor mit acht Arbeitsplätzen soll im dritten Quartal 2023 an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler übergeben werden.
Möglich wurde die Errichtung des S3-Labors an der Universität Ulm durch die finanzielle Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie von REACT-EU „Recovery Assistance for Cohesion and the Territories of Europe“ (Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas) in maximaler Höhe von 5 Millionen Euro. Die verbleibenden Kosten von 3,4 Millionen Euro trägt die Medizinische Fakultät der Universität Ulm. Im Rahmen der Gesamtprojektsteuerung hat das Universitätsklinikum Ulm die Realisierung des S3-Labors für die Medizinische Fakultät übernommen.