Der Fakultätscampus soll die lange bestehende Raumnot der in den vergangenen Jahren deutlich gewachsenen Mannheimer Medizinfakultät lindern und die Lehr- und Forschungsinfrastruktur, die wie ein Flickenteppich auf dem gesamten Klinikgelände und an drei weiteren Standorten verteilt ist, in Landeseigenen Gebäuden zusammenführen. Derzeit stehen einem ermittelten Flächenbedarf von mehr als 40.000 Quadratmetern verfügbare, zum Großteil angemietete Flächen von nur rund 25.000 Quadratmetern gegenüber.
Auf einem Areal, das im Westen von der Röntgenstraße, im Süden vom Hauptfriedhof und im Osten vom MMT-Campus begrenzt wird, soll ein Ensemble aus vier Gebäuden entstehen, die das denkmalgeschützte Kesselhaus umrahmen. Das vierte Gebäude, das auf rund 4.700 Quadratmetern Flächen für Forschung und Lehre vorsieht, soll in einem zweiten Bauabschnitt realisiert werden.
Der Entwurf für den Neubau von Forschungs- und Lehrgebäuden für die Medizinische Fakultät Mannheim stammt von der Frankfurter Architektengruppe „wörner traxler richter“, die sich im Sommer 2020 im Planungswettbewerb gegen eine Konkurrenz von 18 Architekturbüros durchsetzte.
Das jetzt entstehende allgemeine Forschungsgebäude wird auf knapp 7.500 Quadratmetern insgesamt sechs Forschungseinheiten und einen großen Hörsaal umfassen, in dem nach seiner Fertigstellung erstmals die 270 Studierenden je Kohorte alle gemeinsam unterrichtet werden können. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 114,5 Mio. Euro. Das Land Baden-Württemberg trägt davon knapp zwei Drittel, gut 40 Mio. Euro bringt die Medizinische Fakultät Mannheim selbst für den Bau des Forschungsgebäudes auf.
Das Center for Cardiovascular Disease Control (CCDC) ist ein Forschungsbau, dem eine gemeinsam durch den Bund und das Land Baden-Württemberg geförderte Forschungsprogrammatik zugrunde liegt. Es wurde 2022 vom Wissenschaftsrat in einem kompetitiven Auswahlverfahren zur Förderung von Forschungsbauen (nach Art. 91b GG) empfohlen. Ein deutschlandweit einzigartiges Forschungsinstitut soll hier entstehen, in dem das Gefäßsystem als Spiegel der lokalen und systemischen Gesundheit erforscht wird. Die Gesamtkosten für den Forschungsbau betragen insgesamt 59,1 Mio. Euro. Der Bund beteiligt sich hieran mit 50 Prozent, die übrigen 50 Prozent teilen sich die Medizinische Fakultät Mannheim und das Land Baden-Württemberg.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und Bluthochdruck stellen mit 35 Prozent aller Todesfälle die führende Todesursache in Deutschland dar. Forschungen des letzten Jahrzehnts haben gezeigt, dass Blutgefäße bei der Entwicklung dieser und weiterer Erkrankungen eine wesentliche Rolle spielen.
Die Einwerbung eines Forschungsbaus für das Center for Cardiovascular Disease Control durch die Medizinische Fakultät Mannheim ist Ausdruck der langjährigen erfolgreichen Forschung auf dem Gebiet der Angioscience. Wissenschaftler am ECAS konnten vielfach zeigen, dass insbesondere die die Gefäße auskleidenden Endothelzellen eine aktiv steuernde Rolle bei der Kontrolle der Organfunktion einnehmen. Sie haben damit wesentliche Beiträge zur Neuausrichtung der vaskulären Forschung hin zu einer aktiven Rolle der Gefäßwandzellen in der Krankheitsentstehung geleistet. Heute wissen wir, dass fast alle schwerwiegenden Organerkrankungen auf Fehlfunktionen des Gefäßsystems zurückzuführen sind.
Auf einer Fläche von rund 4.500 werden in dem geplanten Forschungsbau CCDC mehr als 200 Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen in insgesamt acht Forschungseinheiten ihre Expertise bündeln. Die meisten Forscher stammen aus der biomedizinischen Grundlagenforschung mit Fokus auf die Gefäße. Sie gehören dem Forschungsschwerpunkt „Vaskuläre Biologie und Medizin“ an und sind im European Center for Angioscience (ECAS) der Medizinischen Fakultät Mannheim angesiedelt. Hinzu kommen Wissenschaftler aus der Biomarkerforschung, der Künstlichen Intelligenz und Bioinformatik, der klinischen Medizin und Public Health.
Die Architektur der neuen fünfstöckigen Gebäude fördert den für die Forschung so essentiellen interdisziplinären Austausch zwischen den Gruppen. Auf allen Ebenen sind dafür offene Bereiche als Kommunikationszonen eingerichtet. Im Wesentlich umfassen die beiden Forschungsgebäude molekulare Laborflächen und Auswerteplätze sowie Büros und Besprechungsräume in separaten Bürozonen. Die beiden neuen Gebäude teilen sich einen gemeinsamen Sockel über zwei Untergeschosse, in denen zentrale Infrastruktur und die Technikzentrale untergebracht sind.
Zur Grundsteinlegung hatte Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Mannheim und Heidelberg im Auftrag des Ministeriums für Finanzen Baden-Württemberg eingeladen. Nach der Begrüßung durch Marco Grübbel (Leiter des Amtes Mannheim und Heidelberg) folgten Ansprachen von Staatssekretärin Gisela Splett (Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg) und Ministerialdirektor Dr. Hans J. Reiter (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg). Anschließend sprachen die Rektorin der Universität Heidelberg, Professor Dr. Frauke Melchior, und der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Christian Specht, jeweils ein Grußwort.