Der nicht-kleinzellige Lungenkrebs macht mit etwa 80 Prozent die Mehrzahl aller Bronchialkarzinome aus. Bis zu sieben Prozent der nicht-kleinzelligen Tumoren liegt eine typische Umlagerung des Erbguts im ALK-Gen zugrunde, dem Bauplan für das Enzym anaplastische Lymphomkinase (ALK). Durch die Umlagerung wird das ALK-Gen dauerhaft aktiviert und dadurch zum Treiber des bösartigen Wachstums. In diesem Fall kann eine Behandlung mit einem zu den Tyrosinkinase-Inhibitoren zählenden ALK-Hemmer das Krebswachstum bremsen.
Zu Beginn der Behandlung sprechen die meisten ALK-rearrangierten Tumoren auf die spezifischen Kinase-Inhibitoren an, doch im Verlauf der Behandlung entsteht unweigerlich eine Resistenz gegen die zielgerichtete Therapie.
Diese Entwicklung erfordert es, die Krankheit regelmäßig zu überwachen, um die Behandlung des Patienten anzupassen, sobald eine Resistenz auftritt. „Dabei ist es für das Überleben der Patienten extrem wichtig, Hinweise auf eine Therapieresistenz so früh wie möglich zu entdecken. Wächst der Tumor weiter, verschlechtert sich der Zustand der Kranken teilweise rapide", sagt Holger Sültmann vom DKFZ und vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.
Sültmann und Kollegen arbeiten daher daran, mit Nachweismethoden von Tumor-DNA im Blut der Patienten („Liquid Biopsies") ein Wiederauftreten des Tumors unter Therapie mit ALK-Inhibitoren möglichst frühzeitig zu entdecken. In einer aktuellen Studie untersuchte das Team insgesamt 343 Blutproben, die von 43 Patienten zu verschiedenen Zeitpunkten der Therapie mit ALK-Inhibitoren genommen wurden. Die Forscher kombinierten zwei Verfahren: die gezielte und sehr präzise Sequenzierung einzelner, mit dem Wiederauftreten von Krebs assoziierter Gene (targeted next generation Sequencing) sowie eine Ganzgenomsequenzierung.
ALK-bezogene Veränderungen, die ein Hinweis auf ein Fortschreiten des Tumors sind, wurden bei 22 der 43 Patienten festgestellt. Viele der Proben, die zu Zeitpunkten genommen wurden, zu denen die Erkrankungen vermeintlich noch durch die Therapie in Schach gehalten wurde, enthielten bereits steigende Mengen von Tumor-DNA. Insgesamt wurden bei 19 der 43 Patienten Hinweise auf ein frühes Fortschreiten der Erkrankung gefunden. In diesen Fällen hätte der Nachweis von Tumor-DNA genutzt werden können, um die Patienten früher mittels bildgebender Diagnostik (CT) zu untersuchen.
Bei Patienten, in deren Blut bereits zu Beginn der Therapie tumorspezifische DNA nachweisbar war, kam es schneller zum Fortschreiten der Erkrankung als bei Betroffenen, die zu Therapiebeginn ein negatives Ergebnis hatten.
„Die Daten zeigen, dass der Nachweis von Tumor-DNA beim Therapiemonitoring von ALK-positivem Lungenkrebs einen Nutzen für die Patienten haben könnte", sagt Holger Sültmann und ergänzt: „Allerdings müssen diese Ergebnisse noch in prospektiven Studien bestätigt werden."