Das Ziel einer unternehmerischen Verschränkung beider Institutionen wurde von den regionalen Akteuren für eine gemeinsame Gesundheitsregion Rhein-Neckar – der Universität Heidelberg, dem Universitätsklinikum Heidelberg, der Stadt Mannheim und dem Universitätsklinikum Mannheim – bereits vor Monaten konsentiert und vielfach kommuniziert: Es geht darum, die historische Chance zu nutzen und in Baden-Württemberg eine international herausragende Region der Gesundheitswirtschaft und der Gesundheitsforschung aufzubauen. Das Vorhaben adressiert dabei alle Ziele, die sich die Landesregierung im Prozess des Forums Gesundheitsstandort BW selbst gesteckt hat:
- Neue Industrien aufzubauen, die zukunftsweisende Strukturen mit neuen Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen generieren.
- Eine Diversifizierung der Industriestruktur und eine Stärkung der ökonomischen Resilienz.
- Eine Stärkung der Innovationsdynamik im Gründungsbereich.
- Die Gewinnung von internationalen Spitzenkräften in Forschung und Industrie.
- Ein verbessertes Angebot in der Hochleistungsmedizin durch weitere Spezialdisziplinen, gepaart mit einer Stabilisierung der Versorgung in der Fläche durch Netzwerkbildung.
Ein wichtiger Baustein hierzu ist die „Health + Life Science Alliance Heidelberg und Mannheim“, der Zusammenschluss der exzellenten wissenschaftlichen Einrichtungen in den Bereichen Gesundheit und Life-Sciences zu einem starken Verbund mit eigener Verfasstheit. Die Realisierung der Allianz ist mit Unterstützung der Landesregierung (Innovationscampus Rhein-Neckar) und der Gründung einer gGmbH bereits weit vorangeschritten.
Für den Erfolg der Allianz ist gleichwohl ein starker Verbund der beiden Universitätskliniken unabdingbar. Der Großklinikverbund ist ein ausschlaggebender Faktor dafür, die Ergebnisse in der Grundlagenforschung direkt in klinischen Studien in die Patientenversorgung einbringen zu können. Translationale Forschung benötigt hohe Fallzahlen, einen großen Datenschatz mit der Chance zu stärkerer inhaltlicher Differenzierung sowie internationale Spitzenkräfte.
Bei dem Zusammenschluss der beiden Universitätsklinika mit zusammen rund 18.000 Mitarbeitenden handelt es sich zweifellos um eines der strukturell relevantesten Projekte der vergangenen und künftigen Jahre für unser Land.
Bei der erforderlichen Grundsatzentscheidung der Landesregierung geht es um eine beträchtliche, auch materielle Verantwortungsübernahme des Landes. Die am Prozess beteiligten Ministerien – das
Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, das Ministerium für Finanzen sowie das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst – haben deshalb verständlicherweise eine sehr ausgiebige wirtschaftliche, medizinische und rechtliche Prüfung eines solchen Zusammenschlusses angemahnt. Dem wurde durch die Akteure Rechnung getragen.
Für die Untersuchung des Universitätsklinikums Mannheim sowie der Potenziale und der Machbarkeit eines Verbunds mit Heidelberg wurden deshalb in einem europaweiten Vergabeverfahren mehrere international renommierte und hochspezialisierte Unternehmensberatungsgesellschaften beauftragt. Die Ausschreibung enthielt zudem ein besonderes Sicherheitsmoment – einen „double check“: So wurde eigens eine weitere Beratungsgesellschaft beauftragt, die Ergebnisse der ersten Prüfung zum Medizinkonzept und zur Businessplanung zu untersuchen und nochmals zu bestätigen.
Die Ergebnisse aus vielen Monaten intensiver Prüfungsarbeit sind bestechend klar: Von Beraterseite wird die Bildung eines universitätsmedizinischen Verbunds zwischen Heidelberg und Mannheim nachdrücklich empfohlen. Ausdrücklich wird eine schnelle Umsetzung des Vorhabens angemahnt.
Dann könnte ein solcher Verbund, so das Ergebnis, bereits 2030 ein ausgeglichenes wirtschaftliches Ergebnis vorweisen. In diese Berechnungen sind die wirtschaftlichen Vorteile, die durch den dringend benötigten Neubau in Mannheim erzielt werden können, noch nicht berücksichtigt. Durch den neuen zentral geplanten Baukörper ist nach Fertigstellung mit weiteren jährlichen Einsparungen in einem mittleren zweistelligen Millionenbereich zu rechnen.
Genau wie die Grundsatzentscheidung für das Gesamtvorhaben steht die Genehmigung für den Neubau in Mannheim noch aus. Beide Entscheidungen führen zu erheblichen Verbesserungen der betrieblichen Ergebnisse und sind insofern eilbedürftig.
Die Stadt Mannheim ist mit der Trägerschaft eines Universitätsklinikums dieser Größe dauerhaft überfordert. Die weiteren 35 Universitätsklinika in Deutschland befinden sich deshalb nahezu ausnahmslos in Landesträgerschaft. Einzige weitere Ausnahme ist das Universitätsklinikum Gießen-Marburg, das sich in einer vergleichbaren finanziellen Notlage befindet. Rund 1800 Studierende der Humanmedizin nutzen aktuell die klinischen Strukturen in Mannheim auf Basis einer seit 1964 bestehenden Rahmenvereinbarung mit dem Land und der Universität. Die Stadt kofinanziert so seit Jahrzehnten u.a. die baden-württembergische Ärzteausbildung. Die Universitätsmedizin, gekennzeichnet durch Forschung, Lehre und Patientenversorgung, ist mit dem Betrieb und den finanziellen Bedarfen eines kommunalen Maximalversorgers nicht vergleichbar.
Alle Arbeiten, die ohne eine Grundsatzentscheidung des Landes getätigt werden können, sind erfolgt. Ein Fortgang des Prozesses, hierzu gehört beispielsweise die kartellrechtliche Prüfung des Vorhabens, setzt nun einen richtungsweisenden Beschluss des Landes in der Sache voraus. Auch der vertiefte Informationsaustausch zwischen den beiden Universitätskliniken, eine zwingende Voraussetzung für eine medizinstrategische Detailplanung, ist wettbewerbsrechtlich erst dann gestattet, wenn eine klar definierte, vom Land unterstützte Absicht für einen Zusammenschluss besteht. Alle beteiligten Akteure in der Region sind sich in der Sache einig.
Ein Blick auf weitere Standorte in Deutschland zeigt, dass an mehreren Standorten in die Gesundheitswirtschaft investiert wird: Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern sind engagiert auf dem Weg, ihre Standorte zu Technologietreibern und Industrieschwerpunkten für die kommenden Dekaden auszubauen und könnten Baden-Württemberg damit auf die Plätze verweisen.
Das Land steht vor einer großen, aber zugleich intensiv geprüften und klar befürworteten Entscheidung. Die beteiligten Akteure bitten Landesregierung und Landtag nun um den Auftrag zur Umsetzung.
Zitate der Teilnehmer der Landespressekonferenz
Prof. Dr. Bernhard Eitel, Rektor der Universität Heidelberg:
Baden-Württemberg verfügt in der Region Heidelberg Mannheim bereits jetzt über einen internationalen Leuchtturm der Lebenswissenschaften und der Medizin. Dieses Potential nicht zu nutzen, um in Forschung, Patientenversorgung und Medizinwirtschaft zu einem Hotspot auf der Landkarte Europas und darüber hinaus zu werden, hieße, eine einzigartige Chance zu verspielen. Wir vertrauen darauf, dass die Fakten nun zu Entscheidungen führen, um den Zusammenschluss der beiden Universitätskliniken jetzt auf den Weg zu bringen.
Prof. Dr. Hans-Jürgen Hennes, Medizinischer Geschäftsführer der Universitätsmedizin Mannheim:
Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir bringen ein qualitativ sehr gutes Universitätsklinikum in dieses Vorhaben ein. Das gegenwärtige Defizit in Mannheim liegt in der aktuellen Baustruktur begründet und ist mit dem zentralen Neubau, den wir dringend benötigen, beseitigt. Weil sich der Neubau in zwei Phasen gliedert, kann er sofort in Angriff genommen werden. Anpassungen an den Verbund können ohne Zeitverzug mit dem 2. Bauabschnitt realisiert werden, dessen Beginn erst in einigen Jahren ansteht.
Prof. Dr. Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor Neurologie des Universitätsklinikums Heidelberg und Prodekan Medizinische Fakultät Heidelberg:
Das Universitätsklinikum Heidelberg und das Universitätsklinikum Mannheim haben gemeinsam die Chance, zu einem Global Player aufzusteigen. Durch einen starken Universitätsklinikverbund mit einer einheitlichen Unternehmensführung können wir eine absolute Alleinstellung erarbeiten. Das ist gut für die Patienten, für die Forschungsallianz sowie für die Gesundheitswirtschaft Baden-Württemberg als neue wirtschaftliche Leitindustrie und den Verbund der Universitätsmedizin Baden-Württemberg insgesamt.
Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim:
Die Stadt Mannheim hat mit eigenen Kräften ein Universitätsklinikum aufgebaut. Das ist deutschlandweit einmalig. Nun sind wir an einem Punkt, an dem wir als Stadt nicht mehr die Mittel haben, um dieses Haus weiter zu tragen. Das ist gewissermaßen der Preis des Erfolgs. Das Haus ist zu groß geworden, um von einer Kommune finanziert werden zu können. Wir stehen aber bereit, gemeinsam mit dem Land auch finanziell Verantwortung für eine gute Zukunft des Standorts zu übernehmen. Doch dazu benötigen wir nun konkrete Gespräche mit dem Land.
Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, Vorsitzender des Universitätsrates der Universität Heidelberg:
Gesundheitswirtschaft und -industrie ist eine wichtige Säule der baden-württembergischen Wirtschaft mit mehreren Hunderttausend Arbeitsplätzen. Um diese Säule weiter zu stärken, ist der Zusammenschluss der Universitätsklinika Heidelberg und Mannheim der richtige Schritt um internationale Wettbewerbsfähigkeit und Strahlkraft weiter zu stärken. Daher ist dies das Transfer- und Transformationsprojekt, welches das Land braucht. Die unterschiedliche Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg für die Medizinische Fakultät Mannheim und der Stadt Mannheim für das Universitätsklinikum Mannheim ist ein struktureller Webfehler, der jetzt korrigiert werden muss. Die Fakten liegen auf dem Tisch und die Entscheidung kann und muss jetzt gefällt werden. Die anderen universitätsmedizinischen Standorte in Baden-Württemberg werden von der internationalen Wahrnehmung ebenfalls profitieren, weil das Land Baden-Württemberg in seiner Gänze für das Zukunftsthema Gesundheit steht.