Was Muskeln stark macht - oder schwach
Neue Erkenntnisse über die seltene Muskelerkrankung FSHD. Die fazioskapulohumerale Muskeldystrophie (FSHD) ist eine erbliche Muskelerkrankung, die mit einer Schwäche der Skelettmuskulatur einhergeht und zu fortschreitendem Muskelabbau führt. Mit fünf bis zwölf Betroffenen pro 100.000 Einwohner zählt sie zu den seltenen Erkrankungen – was für Patientinnen und Patienten problematisch ist.
„Wie bei vielen seltenen Erkrankungen ist auch bei der FSHD nicht vollständig geklärt, wie diese entsteht, und es gibt kein Medikament, das deren Fortschreiten verlangsamen oder die Betroffenen sogar heilen könnte“, sagt Teresa Schätzl, die kurz vor dem Abschluss ihres Masterstudiums in Precision Medicine Diagnostics steht.
Bereits seit ihrem Bachelorstudium in Molekularer und Technischer Medizin, ebenfalls an der Fakultät Medical and Life Sciences der HFU, befasst sie sich intensiv mit dieser Erkrankung. Gemeinsam mit ihren Betreuern Prof. Dr. Matthias Kohl und Prof. Dr. Hans-Peter Deigner hat sie in Zusammenarbeit mit Forschenden des Friedrich-Bauer-Instituts (Ludwig-Maximilians-Universität München), eine komplexe und sehr detaillierte Meta-Analyse zu FSHD durchgeführt. Gefördert durch das Projekt ReAching der Fakultät MLS, das studentische Forschungsarbeiten unterstützt, hat sie die Ergebnisse ihrer Studie vor Kurzem in der Nature-Zeitschrift „Communications Biology“ publiziert.
Die Meta-Analyse wurde unter Einhaltung der höchsten methodischen Standards präzise geplant sowie im Sinne der Open-Science-Policy vor der Durchführung registriert. Im Rahmen der ausführlichen Literaturrecherche identifizierte das Team elf genomische Studien, welche die vorab definierten Kriterien erfüllten. „Die meisten Meta-Analysen fassen lediglich die Ergebnisse der gefundenen Studien zusammen. Wir haben dagegen die Originaldaten dieser Studien neu und mit einheitlichen bioinformatischen Methoden analysiert“, merkt Prof. Dr. Kohl an. Auf diese Weise konnte Teresa Schätzl mit ihren Koautorinnen und -autoren bereits vorhandene Ergebnisse validieren. Sie identifizierten aber auch bisher unbekannte Aspekte der Muskelerkrankung FSHD, wie zum Beispiel neue Keyplayer bezüglich Splicing und Genomorganisation und eine eingeschränkte Signalübertragung an der neuromuskulären Endplatte.
Im Sinne einer reproduzierbaren und offenen Forschung haben die Wissenschaftler:innen alle verwendeten Analyseskripte veröffentlicht und die App „meta-FSHD“ entwickelt, die es auch anderen Forschenden ermöglicht, unmittelbar auf alle Ergebnisse der Meta-Analyse zuzugreifen. So können alle Interessierten sich die Ergebnisse für jedes der weit mehr als 20.000 untersuchten Gene im Detail anzeigen lassen.
Trotz der Datenfülle sind längst nicht alle Fragen zur Pathogenese der FSHD beantwortet. Deswegen arbeiten Teresa Schätzl, Prof. Dr. Deigner und Prof. Dr. Kohl gerade an einem von der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM) geförderten Projekt, in dessen Rahmen sie die Genexpression in Zellen von FSHD-Patientinnen und -Patienten während der Muskelzelldifferenzierung untersuchen – in der Hoffnung, dass durch ihre Ergebnisse künftig eine bessere Behandlung der bisher unheilbaren Erkrankung möglich wird.